28. Juni 2011 - 2:24 / Ausstellung 
9. April 2011 3. Juli 2011

Mit der Ausstellung "Immendorff / Lüpertz" zeigt das MdM Mönchsberg erstmals einen größeren Komplex von Gemälden, Skulpturen und Grafiken aus dem umfangreichen Konvolut der Sammlung MAP, die neuerdings dem Museum als Leihgabe langfristig zur Verfügung steht. Die Auswahl an Werken ermöglicht einen eindrucksvollen und weitreichenden Überblick über das parallele Schaffen und die Entwicklung der beiden international renommierten deutschen Künstler, die bis zum Tod von Jörg Immendorff im Jahr 2007 freundschaftlich verbunden waren.

In unterschiedlicher Weise, Deutlichkeit und malerischer Radikalität behandeln beide u. a. Themen der deutschen Zeit- und Kulturgeschichte und bedienen sich immer wieder zahlreicher Verweise auf die kunsthistorische Tradition. Trotz der zur Zeit ihrer Anfänge international vorherrschenden Richtungen von Informel und abstraktem Expressionismus bleiben beide Künstler in eigenständiger Weise der Figuration verpflichtet.

Jörg Immendorff (1945-2007), der anfänglich bei Joseph Beuys an der Akademie in Düsseldorf studierte, sah in der Kunst ein Medium der politischen Agitation und revolutionären Einmischung in Form einer provokanten kritischen Auseinandersetzung mit Sachverhalten und Obrigkeiten. Seine mitunter bewusst grob gehaltenen, in zügig freiem Stil ausgeführten Arbeiten, sind ein gleichermaßen plakatives wie symbolisch aufgeladenes Aufbegehren gegen politisch-soziale Missstände. So prangert er etwa in seinem von 1977 bis 1983 entstandenen berühmten Bilderzyklus "Café Deutschland" die deutsch-deutsche Teilung vor dem Hintergrund des Kalten Krieges an und fertigt Bilder, die gerade auch aus heutiger Sicht ein bedeutendes ästhetisches Dokument der Zeitgeschichte darstellen.

Mit dem immer wiederkehrenden Motiv des Affen, einer seit der Renaissance verwendeten Künstlermetapher, setzt er sich ironisch subversiv mit der Künstlerrolle auseinander und wendet sich gegen ein dogmatisches "Nachäffen" der Natur. In seinen späteren, surrealistisch verrätselten Werken, in denen er abstrakte Formen mit konkreten Bildmotiven, wie etwa Hans Baldung Griens (ca. 1484-1545) auf Stützen und Kugeln fortbewegender "Fortuna" kombiniert, vollzieht er einen radikalen, die Fläche betonenden Stilwandel. Darin nimmt er auch immer wieder Bezug auf die eigene Situation, als von der letalen ALS-Krankheit betroffene Person, für die die Kunst bis zum Schluss ein Lebenselixier darstellt.

Markus Lüpertz (*1941) bezeichnet seine gestisch-expressive Malweise ab Mitte der 1960er Jahre als "dithyrambische Malerei", womit er einen direkten Bezug herstellt zu den feierlich rauschhaften Kult- und Lobesliedern zu Ehren des antiken Gottes Dionysos. Als Bildthemen dienen ihm anfänglich oftmals einfache Gegenstände und Motive, die zum Teil symbolhaft mit der deutschen Zeitgeschichte verbunden sind und die er in seinen Arbeiten in befremdlicher Weise monumentalisiert, inszeniert und letztlich in Frage stellt. Wie Immendorff arbeitet Lüpertz vielseitig als Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer und dies immer wieder auch in den klassischen Gattungen Stillleben, Landschaft, Akt und Porträt.

Seine Arbeiten lassen eine intensive Auseinandersetzung mit der langen Tradition der Kunstgeschichte erkennen, die sich gleichermaßen in Rückgriffen auf die klassische Moderne wie auch in der Wahl und Umsetzung antiker Sujets ausdrückt: so etwa der Darstellung mythologischer Figuren, deren oftmals roh und klobig wirkende Erscheinung dem Künstler als adäquater Ausdruck archaischer Ursprünglichkeit dient. Von 1988 bis 2009 stand Lüpertz der renommierten Düsseldorfer Kunstakademie als Rektor vor.

Immendorff / Lüpertz. Sammlung MAP
9. April bis 3. Juli 2011

Museum der Moderne Salzburg
Mönchsberg 32
A - 5020 Salzburg

W: http://www.museumdermoderne.at/

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