Im Reich der Falten

Japanische Labels wie Issey Miyake, Yohji Yamamoto oder das von Rei Kawabuko gegründete Comme des Garçons gelten seit Beginn der 1980er-Jahre als wichtige Protagonisten der internationalen Modeindustrie. Die als "Big Three" bezeichneten Designer nehmen in ihren Kollektionen deutlich Bezug auf die reiche handwerkliche Tradition Japans, setzen diese aber in eine unverkennbare Formensprache um, deren Hauptmerkmale Falten, Schichten und asymmetrische Schnitte sind.

Ihr ästhetischer Einfluss auf westliche Gestalter ist immens. Sie verzichten generell auf Prunk zugunsten von Schlichtheit, was zu der Entscheidung führte, ausschließlich Prêt-à-porter-Kollektionen zu produzieren. Die Ausstellung "Im Reich der Falten – Mode und Textilkunst aus Japan" versammelt eine Auswahl von rund hundert Modellen renommierter japanischer Modedesigner aus den Jahren 1975 bis 2013 aus dem Besitz des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg und der Kunstgewerbesammlung des Museum für Gestaltung Zürich.

Kenzo Takada war in den frühen 1970er-Jahren der Erste, der den Schritt nach Paris wagte, gefolgt von Issey Miyake, der zu einem der einflussreichsten Modedesigner des 20. Jahrhunderts wurde. Heute verblüfft Miyake die Modewelt mit Kollektionen wie "132 5" aus recyceltem PET, die auf der Kunst des Origami basiert und meisterhaft ästhetische mit ökologischen Standards verbindet. Ein radikales Modekonzept vertraten in den Anfängen der 1980er-Jahre Comme des Garçons und Yohji Yamamoto: Für sie stand Bekleidung nicht mehr länger im Dienst eines Körperideals, sondern war eine adaptierbare Hülle – es ging nicht mehr um passgenau geschneiderte, luxuriöse Stoffe, sondern um Textilien, die frei um den Körper drapiert wurden.

Die vorzugsweise verwendete Farbe Schwarz lenkte den Blick verstärkt auf die textile Form und wies der Frau überdies eine selbstbewusstere Rolle zu. Kaum zu ertragen war für die Pariser Kritik jedoch die Patina der Stoffe, zumal diese mit vorfabrizierten Löchern und Rissen versehen waren. Erst allmählich gewöhnte man sich an diese Anti-Mode, für die später Bezeichnungen wie "Ästhetik der Armut" oder "Hiroshima Chic" kursierten. Grundlegend für die ungewohnte Optik ist eine Entwurfsauffassung, die wesentlich durch Materialität inspiriert ist.

In der Ausstellung im Museum Bellerive tritt die Mode in einen spannenden Dialog mit der monumentalen japanischen Textilkunst, wie sie in den 1970er-Jahren unter starkem Einfluss westlicher Prämissen entstand. Masao Yoshimuras Skulptur etwa emanzipiert das Material Baumwolle durch simple Falttechnik vom menschlichen Körper. Shigeo Kubota verbindet gewebte Hanfbahnen zu dreikantigen Profilen und bildet daraus erstaunliche räumliche Netze. In akribischer Handarbeit hat die junge Künstlerin Aiko Tezuka für das Museum Bellerive Fäden aus zwei handelsüblichen Schals gezogen, die sie als Grundstoff für eine raumgreifende Erweiterung nutzt.

Einen schillernden Echoraum dieser textilen Arbeiten bilden die Werke dreier bedeutender Grafikdesigner aus der Plakatsammlung des Museum für Gestaltung Zürich. So haben etwa die Plakate von Ikko Tanaka – unter Verwendung von Fotografien Irving Penns – wesentlich dazu beigetragen, dass Issey Miyakes Kollektion "Pleats Please" Eingang in unser kollektives Bildgedächtnis gefunden hat.

Im Reich der Falten
Modedesign und Textilkunst aus Japan
30. August 2013 bis 12. Januar 2014