Idylle & Desaster

Seit vielen Jahren sammelt der Künstler Bogomir Ecker mit unkonventionellem Blick historische Fotografien: von Landschaftsaufnahmen des 19. Jahrhunderts aus aller Welt bis zur klassischen Presse- und Sensationsfotografie des 20. Jahrhunderts aus den USA. Die Bilder werden von ihm einerseits direkt für die künstlerische Arbeit verwendet, dienen aber auch als Inspirationsquelle für skulpturale Werke.

Bogomir Ecker ist seit den 1980er Jahren einer der bekanntesten Bildhauer in Deutschland. Seine Skulpturen wurden u.a. im Museum Folkwang in Essen oder in der Hamburger Kunsthalle gezeigt, wo sich auch seine auf 500 Jahre Lebensdauer angelegte Installation "Tropfsteinmaschine" befindet. Ecker ist Professor an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und Mitglied der Berliner Akademie der Künste.

Im Kaisersaal des Museums für Fotografie bildet eine Skulptur Eckers, der "Stimmen-Turbolator", ein monumentales Kraftzentrum für die Präsentation seiner Fotosammlung. Die Fotografien zeigen Alltagsszenen, Apparate, wissenschaftliche Versuchsanordnungen, Landschaften und Himmelskörper, technische Katastrophen und Naturgewalten. Durch pointierte Auswahl und thematische Anordnung verleiht ihnen Bogomir Ecker eine neue Bedeutungsdimension. Sie werden zu Blickfenstern in eine absurde Welt, die keinen Unterschied zwischen Idylle und Desaster kennt.

Nur selten hat Ecker bislang mit Fotografie gearbeitet, doch eröffnet sich mit der Ausstellung in Berlin und dem zugehörigen Katalog ein Blick auf seine Fotosammlung, die auch eine neue Perspektive auf sein Werk ermöglicht. Die Präsentation ist als künstlerische Installation angelegt, welche die gewohnten Sichtweisen der konventionellen Historiografie ins Wanken bringt. Die von Kunstgeschichte und Kunstmarkt entwickelten Bedeutungskriterien gelten für Bogomir Ecker nicht.

Im Katalog zur Ausstellung ist ein Gespräch von Bogomir Ecker mit Annette Philp abgedruckt, in dem sich der Künstler über seine Motive für das Sammeln von Fotografien am Beispiel der Technik-Fotografien äußert:

"Das ist der Bereich von Technik, zum Teil verborgene Orte, Labore, Beobachtungsstationen, naturwissenschaftliche Experimentierräume, die nicht öffentlich zugänglich sind, viele Fotos sind von der NASA, von technischen Instituten. Ohne genau wissen zu wollen, was die dort überhaupt machen, sind das für mich als Bildhauer fantastische Rauminstallationen. Ich nehme sie vollkommen anders wahr, als die Funktionalitäten dieser Gerätschaften wirklich waren. Ich versuche aus den Fotos Bilder des Bildhauers Bogomir Ecker zu machen. Das muss nicht erkennbar in meine Arbeit einfließen, aber es ist oftmals ein Gedanke oder ein Mosaikstein, der dann vielleicht hängen bleibt.

Zum Teil sind das Schreckensorte, man ist auf der einen Seite fasziniert und begeistert, gleichzeitig zutiefst erschrocken. Auch da ist das Desaster drin und das technisch Monströse. Man denkt: Ist das wirklich notwendig? Und wenn du dir diese Maschinen, Apparaturen ansiehst und dann Bilder einer Gaskammer, in
der Leute hingerichtet werden, dann gibt es in der Tat eine fast plumpe Bildanalogie. Wieso sehen die denn gleich aus? Das eine ist zum Töten von Menschen und das andere soll dem Menschen helfen, soll uns weiterführen. Das ist zwischen Faszination und Abschreckung, dieses Suchen und Stochern, das in meinen bildhauerischen Arbeiten steckt, auch der paradoxe Moment, manchmal über sich selbst zu erschrecken."

Bogomir Ecker - Idylle & Desaster
16. November 2012 bis 17. März 2013

Öffnungszeiten:
Di bis So 10 –18 Uhr
Donnerstag 10 – 20 Uhr

Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin
Museum für Fotografie, 2. OG, Kaisersaal
Jebensstr. 2, 10623 Berlin-Charlottenburg