I See a Face. Do You See a Face

Flaka Haliti, die Gewinnerin des Henkel Art.Award. 2013, bezieht sich in ihren gesellschafts- und medienanalytischen Arbeiten auf ihre Erfahrungen als Grenzgängerin zwischen unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Die 1982 geborene Künstlerin lebt und arbeitet sowohl in ihrer Heimatstadt Pristina als auch in München und Wien.

In der Gegenüberstellung einer Installation aus imitierten Betonwänden und einer Fotoserie mit Wolkenmotiven, in die Gesichtszüge als Computergrafiken eingezeichnet sind, konstruiert sie ein raumbezogenes Szenario von bedrohlicher Enge mit vermeintlichem Ausblick ins Offene und Weite. Das zwischenmenschliche Verhältnis von Nähe und Distanz unter den Bedingungen der Mediatisierung thematisiert eine Videoinstallation, die sich mit Fernbeziehungen im Internet auseinandersetzt.

Der Ausstellungstitel "I See a Face. Do You See a Face." leitet sich von der Fotoserie mit den Wolkenporträts her und stellt eine Frage, die durch ihre Schreibweise zugleich eine Feststellung beinhaltet. Mit dieser bewussten Auflösung eindeutiger Verhältnisse und Zuordnungen unterstreicht Flaka Haliti ihr Interesse, ein Spiel zwischen Realität und Fiktion, zwischen imaginärer Nähe und räumlicher Distanz in Gang zu setzen.

Die Videoinstallation "I Miss You, I Miss You, Till I Don’t Miss You Anymore" (2012/2014) verhandelt den Zwiespalt von Illusion und Realität anhand einer populärkulturellen Thematik: der Onlinekommunikation von Paaren in einer Fernbeziehung. Für das dreiteilige Video hat Flaka Haliti eigene intime Beziehungsmails sowie Nachrichten aus ihrem Bekanntenkreis gesammelt. Textfragmente daraus erscheinen auf der Benutzeroberfläche von Google Translate.

Die Liebesbekundungen im Onlineformat werden durch die Funktion "Sprachen tauschen" übersetzt und von der monotonen Computerstimme wiedergegeben. Dadurch lässt sich kein Unterschied mehr zwischen Liebesgeflüster oder Streitgespräch ausmachen. Zudem dechiffriert Flaka Haliti in einem Poster den Status der jeweiligen Beziehungsbotschaften mit einem selbst definierten Farbcode. So entspricht Rot einem leidenschaftlich-obsessiven oder Grau einem abweisenddistanzierten Inhalt.

Ein Muster in gradierten Farbverläufen findet sich in der Fotoserie "I See a Face. Do You See a Face." (2014). In zehn aufeinanderfolgenden computergenerierten Abbildungen nimmt eine Wolke am Himmel verschiedene Formen an. Die darin eingeschriebenen Gesichtsformen rufen Vertrautes im Fremden hervor. Die Künstlerin stellt mit dieser Arbeit einen Bezug zu den räumlichen Gegebenheiten des Mumok her, indem sie eine Art künstlichen Horizont im Ausstellungsraum schafft.

Flaka Haliti konfrontiert die Fotoserie mit einem Gefüge aus lose verteilten Betonpfeilern (Untitled, 2014). Umgekehrt zwischen Boden und Decke eingezwängt, scheinen sie den Raum zugleich zu stützen und zu blockieren. In ihrer Dysfunktion legen die Skulpturen unterschiedliche Assoziationen nahe, etwa an die Berliner Mauer, das UNO-Gebäude in Pristina oder an die Absicherung der Festung Europa durch die Agentur Frontex. Aus ihrer ursprünglich rigiden Formation und Funktion befreit, dienen die Objekte nun als Metaphern für das Wechselspiel von Ausgrenzung und Abschottung in der Gesellschaft.


Flaka Haliti. I See a Face. Do You See a Face.
6. Juni bis 5. Oktober 2014