"I like a bigger garden" (Ich bevorzuge einen grösseren Garten), lautet die ebenso kluge wie charmante Antwort der New Yorker Galeristin Betty Parsons, mit der sie ihr Programm begründete: Sie lehnte damit die Forderung der berühmten männlichen Künstler ihrer Galerie ab,sich künftig nur noch auf deren Repräsentation zu konzentrieren.Auch das Kunstmuseum Luzern wünscht sich einen grösseren Garten und pflegt diesen, indem es weniger bekannte Positionen in einem neuen Kontext zeigt. Diesen Sommer begegnet das Werk der Luzerner Künstlerin Josephine Troller (1908–2004) zwei jüngeren Positionen. Dabei wird deutlich, wie viel Kraft, Fantasie und eigenwilliger Übermut in Trollers Arbeiten steckt.
Charlotte Herzigs (geboren 1983) Malerei sprengt die Grenzen desTafelbildes und greift in den Raum aus. DieLeinwände der Westschweizer Künstlerin ragen über die Wandfläche hinaus und stellen sich dem Publikum in den Weg. Für die Ausstellung schafft Charlotte Herzig neue Wandbilder, mit denen sie auf die Räume und die Werke von Josephine Troller reagiert. Die Künstlerin spielt mit Fläche und Raum, abstrakte, organische Formen werden zu Pflanzen und Landschaften. Charlotte Herzig experimentiert mit Farben, kratzt und schabt Farbschichten von der Leinwand. Kleinformatige Aquarelle, ursprünglich als meditative Übung entstanden,dienen der Künstlerin dazu, Wandmalereien zu entwickeln und Choreografien zu skizzieren. Der neu entstandene Animationsfilm verbindet diese losen Notizen und verdeutlicht den Denkprozess der Künstlerin.
Eine junge Frau liegt verträumt mitten auf einer Blumenwiese, ein junger Mann flüchtet sich vor einem Wolf auf einen Baum und Wildkatzen blicken direkt und freundlich aus dem Bild. Ben Sledsens’ ( geboren 1991) grossformatige Leinwände zeigen märchenhafte Landschaften und traumartige Szenerien in bunten, klaren Farben. Das Bild eines Tigers widmet der belgische Künstler dem bekannten Naiven Maler Henri Rousseau. Mit der Naiven Kunst teilt Ben Sledsens Erzählfreude und Fantasie, Flächigkeit, Vereinfachung sowie Unbekümmertheit. Er greift in seinen Werken auch andere kunsthistorische Referenzen auf, wie Henri Matisse oder Pierre Bonnard. Der surrealistisch anmutende, fantastische Charakter der Motive kontrastiert dabei mit Figuren aus dem realen Leben: Vor allem der Künstler selbst sowie seine Partnerin treten wiederholt auf.
Die Autodidaktin Josephine Troller (1908–2004) arbeitet ab 1945 mit Bleistift, Gouache- und Aquarellfarben. Zunächst abstrakt-flächig, später figurativ entwickelt die Künstlerin eine eigenwillige Formensprache, geprägt von Symmetrien und bestimmten Motiven wie Gärten, Blumensträussen oder Porträts. Josephine Trollers Werke sind symbolisch aufgeladen und stehen unter dem Einfluss der surrealistischen Malerei ihres Mentors Max von Moos. Spiralen, Rahmungen und Ornamente sind wiederkehrende Motive und erinnern an Meret Oppenheim oder Ilse Weber. Josephine Trollers Werk erzählt von Spiritualität und einer Verbundenheit mit der Natur, die esoterische Züge trägt, jedoch ohne eine bestimmte Weltanschauung zu propagieren.
I like a bigger garden
Charlotte Herzig, Ben Sledsens, Josephine Troller
10. Juli bis 17. Oktober 2021
kuratiert von Fanni Fetzer