Hubert Scheibl - Seeds of Time

Scheibls künstlerisches Universum ist ein Kaleidoskop an Vielfalt und Koexistenzen. Seine Kunst ist ein permanentes Experiment, das Gegensätze verbinden will. Zentrale Ausdrucksform von Scheibl ist das Malen, in das Musik, Film, Bildhauerei, Zeichnen, Literatur, Philosophie und Wissenschaft einfließen.

Unter dem Titel "Seeds of Time" zeigt die Albertina eine Auswahl aktueller Arbeiten von Hubert Scheibl, die großteils in der Abgeschiedenheit der Pandemie entstanden sind. Fragen über Leben und Tod, über die Natur mit ihren Mutationen und die Evolution der kleinsten Lebensbausteine, von Zellen, Viren und Bakterien drängen sich unter den neuen Gegebenheiten auf. Die Pandemie hebt unsere Welt aus den Angeln: Ein Virus beweist eindrucksvoll und für alle spürbar, dass Zeit und Raum doch nur relative Größen im Angesicht von elementaren Bedrohungen sind. Gewohnte Bezugspunkte werden verschoben und müssen neu definiert werden. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verdichten sich zu einem flüchtig im Gemälde festgehaltenen Augenblick, der die lineare Kontinuität von Zeit negiert. Der Zufall und das Unkontrollierbare stehen dabei im Mittelpunkt – ganz wie in Scheibls Kunst.

Die drei Ausstellungsräume widmen sich speziellen Phänomenen in Scheibls Kunst: Im ersten Raum kommunizieren beinahe monochrom wirkende Quadratbilder miteinander. Die durch viele übereinanderliegende Farbschichten entstandenen Kunstwerke entfalten einen faszinierenden Farbklang aus jeweils individuellen, koloristischen Akkorden.

Scheibls Serien entstehen nicht innerhalb eines begrenzten Zeitraums. Sobald neue Impulse auftauchen, greift der Künstler auf Formate, Ideen und Techniken aus der Vergangenheit zurück. So erlaubt im zweiten Raum der koloroistisch subtil aufbereitete Bildgrund von ‚Ones‘ ebenso wenig, nachträglich etwas zu ändern, wie die neuen ‚My private B.‘ betitelten Arbeiten. Auf einen atmosphärisch komplexen Hintergrund überträgt der vom Impuls und maximaler Konzentration geleitete Pinselstrich die Körperbewegung dynamisch und unabänderbar auf das Bild, gibt ihm Raum und Gestalt.

Der dritte Raum thematisiert das wechselseitige Verfahren des Herauskratzens von Linien und Spuren bei Gemälden einerseits und das Auftragen von Linien auf das Weiß des Papiers beim Zeichnen andererseits. Die abstrakten, impulsiv entstandenen Linienstrukturen erinnern an gegenständliche Formen aus der Natur, an Gräser, Äste oder Wälder.

Hubert Scheibl (geboren 1952) zählt seit Jahrzehnten zu den international anerkannten österreichischen Künstlern. Auch in der Albertina ist der Künstler mit bedeutenden Hauptwerken aus unterschiedlichen Schaffensperioden vertreten. Arbeiten aus seinem Œuvre sind regelmäßig in Sammlungspräsentationen zu sehen.

Hubert Scheibl - Seeds of Time
31. August bis 5. Dezember 2021