Houston, I am a problem!

19. November 2008
13.09.2008 bis  23.11.2008
Bildteil

Unter dem Titel "Achtung figurativ!" präsentiert der in Zürich lebende und arbeitende Künstler Max Grüter im Haus für Kunst Uri seine erste Einzelausstellung in einer Schweizer Kunsthalle. Begleitend zur Ausstellung erscheint die monografische Publikation "Houston, I am a problem!".

Zu Beginn des künstlerischen OEuvres von Max Grüter (*1955) stehen Gemälde und Skulpturen, die von Szenen aus der Arbeitswelt und von Alltagsgegenständen geprägt sind. Motivisch dominiert die menschliche Figur, die eingeengt und fragmentiert eine symbiotische Verbindung mit Arbeitsinstrumenten eingeht. Mitte der 90er Jahre wendet sich der Künstler von Leinwand, Farbe und Modelliermasse ab, um sich einer für ihn charakteristisch gewordenen Computerkunst zuzuwenden. In seiner Arbeit mit digitalen Gestaltungsmitteln fokussiert der Künstler alle traditionellen Medien: Malerei, Zeichnung, Plastik, Installation und animierte Kurzvideos. Seine Werke sind nicht etwa Manipulationen mit dem Photoshop, sondern reine Konstruktionen: ein minutiöses polygonales Modellieren von Kanten und Flächen.

Grüter kokettiert mit herkömmlichen Vorstellungen von "natürlich" und "künstlich" – seine Bildwelten hintertreiben subversiv die Vorstellung von Identität: Das Individuum wird zum Typus seiner selbst. Seine digitalen Schöpfungen leben nicht von der Verfremdung eines vertrauten Gegenstandes in neuem Kontext, sondern von der Metamorphose zu etwas Neuem. Es ist nicht die intellektuelle Verrätselung, die einen anzieht, sondern ein atmosphärisches Geheimnis, das seinen Objekten und Installationen zu Eigen ist. Vieldeutig und der Analyse manchmal schwer zugänglich, führen seine Arbeiten die Betrachtenden in eine offene, unsichere Sphäre zwischen Begriffen wie Oberflächlichkeit und Ernst, Offenheit und verborgenem Sinn, Technik und Poesie, Feingefühl und Direktheit.

Seit 1999 gewinnt das Thema Raumfahrt an Bedeutung. Im gattungsübergreifenden Werkkomplex "My Private Space Program" verschmelzen Erinnerungen an das Elternhaus mit TV-Bilder der ersten Mondlandung zu einem individuellen künstlerischen Kosmos. Motive aus dem Bereich Raumfahrt erfahren darin eine sinnbildliche Aufladung, insbesondere ein 3-D-generierter Astronaut mit der Physiognomie des Künstlers, der als Symbolfigur für das explorative Potential des menschlichen Denkens und Handelns und für den Aufbruch in ein virtuelles Zeitalter steht.

Seriell aus Kunststoff produzierte Modellbaukästen bilden eine weitere wichtige Werkgruppe. Mit Bausätzen für Goldbarren, Meerschweinchen und ganze Familien erweist Grüter dem Modellbauertraum – sich im Kleinen eine heile Welt zu erschaffen – ironisch gebrochen Reverenz. Vergleichbar mit Andy Warhols Do-it-yourself-Paintings suggerieren die in Spritzgussrahmen eingefügten Bausätze im Spiel mit den ästhetischen Kategorien vollendet - unvollendet dem Kunstkonsumenten die Möglichkeit, schöpferisch tätig zu sein, die sich aber dann als uninspiriertes Zusammensetzen vorfabrizierter Einzelteile entpuppt.

Auch in seinen performativen Arbeiten (Crashtest für Lieblingsgegenstände, 2003; Künstlerstrich, 2006; Bioplot, 2007) verschwimmt die klare Rollenverteilung zwischen Künstler und Kunstkonsument. Als unausweichliche Konsequenz bietet Grüter seit 2007 das Datenmaterial, das die Grundlage seines Schaffens bildet, auf seiner Webseite als Downloads frei und schafft somit "Open-Source-Kunst". Vage angesiedelt zwischen Heiterkeit und Ernsthaftigkeit, sträubt sich diese Kunst gegen lineares Denken und bekennt ihre Liebe zur Komplexität des Seins. In dieser Liebe sind Glaube und Ironie miteinander vereint. Aus diesem Grunde weiss sie sowohl um ihre unerschöpfliche Vitalität als auch um ihr Scheitern.


Max Grüter - Achtung figurativ!
13. September bis 23. November 2008

Haus für Kunst Uri
Herrengasse 2, 6460 Altdorf
T 0041 (0)41 871 49 71
F 0041 (0)41 871 49 24

Öffnungszeiten:
Do und Fr 14 – 18 Uhr
Sa und So 12 – 17 Uhr