18. März 2008 - 3:35 / Walter Gasperi / Filmriss
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Mit überbordendem Einfallsreichtum, einem perfekten Mix aus actionreichen Szenen und ruhigen poetischen Momenten haben die Macher von "Ice Age" den amerikanischen Kinderbuchklassiker "Horton hört ein Hu" fürs Kino adaptiert. Nicht zu kurz kommt bei diesem höchst unterhaltsamen Animationsfilm auch die Belehrung, die sich ganz selbstverständlich aus der Geschichte heraus entwickelt.

In den USA gehört das 1954 erschienene Kinderbuch "Horton Hears a Who" zu den Klassikern. In Europa ist sein Autor Theodor Seuss Geisel, genannt Dr. Seuss (1904-1991), bislang vor allem durch den von ihm erfundenen "Grinch" bekannt. Zu hoffen ist freilich, dass mit dem Animationsfilm von Jimmy Hayward und Steve Martino auch sein "Horton" in Europa größere Bekanntheit erlangt.

Dass ein amerikanischer Animationsfilm hinsichtlich Brillanz der Computeranimation nichts zu wünschen übrig lässt, ist fast schon eine Selbstverständlichkeit. Dass perfekte Unterhaltung und menschliche Botschaft aber ebenso Hand in Hand gehen wie eine Erzählweise, die Kinder in gleichem Maße wie Erwachsene zu begeistern vermag, ist dagegen schon eine Seltenheit. An Anspielungen fehlt es auch hier nicht, aber im Gegensatz zu beispielsweise "Shrek 2" und "Shrek 3" wird nicht aufgesetzt einer postmodernen Zitierlust für Eingeweihte gefrönt, sondern werden die Anspielungen auf Filmklassiker wie "Apocalypse Now" ("Ich liebe den Duft von Bananen am Morgen") und "2001" (der Donauwalzer als Musikkommentar) und auf die Kunstgeschichte ("Mona Lisa"; visuelle Gestaltung eines Ganges nach dem Vorbild der Vatikanischen Museen) dezent gesetzt und bestens in die Handlung integriert.

Fulminant ist schon die Vorspannsequenz, wenn der Elefant Horton am Morgen im Dschungel Nümpel erwacht und sich für ein Bad im Tümpel vorbereitet. Hinreißend einfach, wie da ein Ohr zunächst zur Badekappe gebogen wird und dann beim Rückenschwimmen gute Dienste beim Paddeln tut. Wunderbar ist auch die Farbenpracht der Freunde Hortons. Für Ärger sorgt nur das autoritäre Känguru, das jede Abweichung von der Norm, freies Denken und Fantasie ablehnt und auf Ordnung pocht.

Horton ist dagegen ein Träumer und offen für Alles. Als der Wind ihm eine rosa Blume vor den Rüssel weht, glaubt er daraus einen Hilferuf zu hören. Und tatsächlich sitzt auf der Blume ein Staubkorn, das das ganze winzige Volk der Hu beheimatet. Über eine Rohrleitung kommt es zur Kommunikation zwischen Horton und dem Bürgermeister von Huheim und der treue Elefant verspricht dem Bürgermeister ihn und seine Welt an einen sicheren Platz zu bringen.

Weil nur Horton die Hus hört ("Ihre ganze Welt passt in unserer Welt auf eine Blume!"), zieht er den Zorn des Kängurus auf sich, das ihm vorwirft die Jugend zu absurder Fantasie und Träumereien zu verführen. Daher werden zunächst die Affen, dann ein Geier auf den friedliebenden Elefanten gehetzt. Hortons Fluchtbewegungen mit der Blume im Rüssel führen freilich wieder zu Erdbeben und klimatischen Katastrophen in Huheim, wo sich der tollpatschige Bürgermeister nicht nur gegen ignorante Stadtvertreter durchsetzen muss, sondern auch Sorgen mit seinem eigensinnigen Sohn Giorgio hat. Dieser zieht sich nämlich lieber in die verlassene Sternwarte zurück als sich nach dem Wunsch des Vaters auf die Nachfolge im Amt des Bürgermeisters vorzubereiten.

Konsequent parallel führen Hayward/Martino diese Welten, erzählen einmal von den Abenteuern des Elefanten und dann wieder von den Auswirkungen auf Huheim. An Action mangelt es hier nicht von der gefährlichen Überquerung einer Hängebrücke bis zur Suche der verlorenen Blume in einem wahren Blumenmeer. – Dass alles gut enden wird, steht freilich kaum einmal in Frage.

Und wie in einer klassischen Fabel, gibt es auch hier am Ende eine schon zuvor mehrfach wiederholte Moral: "Ein Mensch ist ein Mensch, wie klein er auch sei." Und so plädiert dieser bezaubernde Trickfilm, dessen Handlung immer wieder durch einen liebenswerten und kindgerechten Off-Kommentar vorangetrieben wird, verpackt in rasante Unterhaltung, für Toleranz und Fantasie, für Offenheit für das und Akzeptanz des Fremden und feiert Treue und Freundschaft. Und ganz selbstverständlich wird dabei auch die philosophische Frage aufgeworfen, ob denn nicht auch die Erde im Grunde ein Staubkorn im Universum sei. So wird dem Zuschauer einerseits seine eigene Kleinheit bewusst gemacht, andererseits wird auch die Schönheit der Dinge und Wesen, die nicht in sein Denksystem hineinpassen und die er mit seinen Sinnesorganen nicht einmal sehen, hören oder schmecken kann, gefeiert.

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Die Meinung von Gastautoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. (red)



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