Hommage an Giuseppe Uncini

Als Hommage an das Lebenswerk des großen internationalen Bildhauers Giuseppe Uncini wurde die Idee für dieses Ausstellungsprojekt geboren. Sein plötzlicher Tod, nur kurze Zeit vor der Ausstellungseröffnung, veranlasste alle zum Überdenken des ganzen Projektes: Die Museen, seine Sammler und auch seine Familie spürten die Verantwortung für eine umfassende Ausstellung, die von dem einzigartigen Lebensweg und der besonderen künstlerischen Leistung des Bildhauers zeugt.

Das neue Ausstellungsprojekt wurde in Zusammenarbeit mit der VAFStiftung entwickelt, deren Sammlung sich als Dauerleihgabe am MART befindet und die einen Großteil von Uncinis wichtigsten Arbeiten zur Verfügung stellt. Durch die Unterstützung von sowohl privaten als auch von öffentlichen Leihgebern wurde darüber hinaus die Dokumentation einiger von Uncinis aktuell entstanden, monumentalen Arbeiten ermöglicht. Die Zusammenarbeit mit dem Uncini-Archiv und seiner Frau, Mariolina Uncini, die in diesen Monaten die Arbeiten weiter verfolgt und betreut hat, hat es ermöglicht, dass eine Ausstellung von unvergleichbarem kunsthistorischen Wert realisiert werden konnte.

Die an drei internationalen Museen präsentierte Ausstellung soll eine Anregung geben und über die italienischen Grenzen hinausgehen. Sie soll eine Einschätzung des zur Antizipation fähigen Künstlers sein, der in den 1950er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, unabhängig von internationalen Einflüssen, seinen eigenen Stil geschaffen hat. Uncini verwendete dabei Materialien wie Zement, der bis zu diesem Zeitpunkt nur zum Bauen von Häusern verarbeitet worden ist. Die Verwendung dieses damals außergewöhnlichen Materials beeinflusste KünstlerInnen bis zur "Minimal Art" in den USA und der "Arte Povera" in Italien.

Uncini war ohne Zweifel ein Wegbereiter, der vor allem die Verwendung von neuen Materialien in der Bildhauerei ebnete. Dadurch schuf er einen neuen Gegensatz zur klassischen Bildhauerei. Die vorher nie dagewesene Ästhetik durch die Kombination von Zement und Eisen wurde zu einem Charakteristikum seiner Arbeiten. Durch die Verwendung von Zement hat der italienische Künstler auch die technische Seite der Bildhauerei revolutioniert, weil er seine Inspiration aus der komplexen Technik des Hochbaus gezogen hat: unbearbeitete Oberflächen mit Spuren und Zeichen von industrieller Produktion. Der Ursprung von Uncinis Arbeit geht auf die Material-Tafelbilder der 1950er-Jahre zurück.

Man erkennt bei Uncini deutlich die Übertragung der malerischen Probleme im Umgang mit Licht und Schatten, von Wahrnehmung und Perspektive in die Skulptur. Die Geschichte des Schattens in der Malerei (Victor Stoichita: "Eine kurze Geschichte des Schattens", 1999) wird bei ihm zu einem Thema der Skulptur. So ist Giuseppe Uncini der erste Bildhauer, der den Aspekt des Schattens als skulpturales Problem behandelt hat. Er wird bei ihm zum Zeichen eines Raumes, der existiert und zugleich nicht existiert, zu einem Scheinraum, zu einem virtuellen Raum, den er nur sichtbar machen kann, indem er ihn materialisiert.

Davon angeregt, erkannte Uncini, dass eine Skulptur zwischen sich und der Umwelt einen neuen Bereich errichtet: einen Zwischenraum (interspazio). Auch dieser wird bei ihm bildhauerisch materialisiert. So entsteht eine Skulptur, die aus positivem und negativem Volumen besteht, aus Raum und Zwischenraum, aus Material und Immaterialität. Diese Erweiterung und Analyse der Skulptur in der Passage des Materials ist das Ergebnis jener Spaltung des Tafelbildes in Tafel und Bild, die zur Zerstörung des Bildes und zur Errettung der Tafel führte.

Die Skulpturen von Giuseppe Uncini sind eine Singularität, da er unbearbeitete und aussagelose Materie in expressive plastische Strukturen verwandelte; und das alles, ohne die klassische Bildhauertradition zu negieren. So hat er erst kürzlich noch gesagt: "Um Kunst zu machen, muss erst lange über das Material reflektiert werden, um den eigentlichen Sinn desselben auszudrücken. Und ich denke jeden Tag daran, wenn ich in meinem Atelier bin, dass ich in der geistigen Tradition von Giotto stehe".


Giuseppe Uncini
21. Juni bis 24. August 08