Holbein und Dostojewski - Der Tote Christus und seine Wirkung

Vor 500 Jahren schuf Hans Holbein d.J. den Toten Christus im Grab, der seit deren Gründung im Jahr 1662 zur Öffentlichen Kunstsammlung Basel gehört und heute zu ihren Ikonen zählt. 300 Jahre später, im Jahr 1821,wurde der russische Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski geboren. In seinem Roman "Der Idiot" hat Holbeins Gemälde einen denkwürdigen Auftritt, der zurückgeht auf einen Besuch des Schriftstellers im Kunstmuseum Basel.

Anlässlich dieses doppelten Jubiläums zeigt das Kunstmuseum Basel eine besondere Präsentation, in deren Zentrum der Tote Christus im Grab steht. Diese wird im ehemaligen Holbein-Saal im ersten Obergeschoss des Hauptbaus eingerichtet. Darin werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Gemälde erstmals öffentlich gemacht. Historische Fotografien und Texte sowie Zitate aus Dostojewskis Roman "Der Idiot" ergänzen die kleine Ausstellung.

"Der Tote Christus im Grab" von Hans Holbein d. J. (1497/98–1543) wurde vermutlich im Auftrag von Bonifacius Amerbach geschaffen. Die gemalte Inschrift des Bildes, ein Steingravur vortäuschendes trompe l‘œil an der Seitenwand,verkündet: "M D XXI", also 1521, gefolgt von des Meisters Initialen. Doch ausgerechnet das, was in Stein gemeisselt scheint, gibt Rätsel auf: Ausweislich der Infrarotreflektographie und der Röntgenaufnahme des Bildes lautete die Jahreszahl ursprünglich 1522. Holbein übermalte die letzte römische Ziffer "I" mit demselben Pigment, das er für die umgebende Fläche benutzte, also noch im Zuge der Fertigstellung des Werks. Der Grund für diese Rückdatierung ist nicht bekannt. Vielleicht spielten die gravierenden Änderungswünsche des Auftraggebers eine Rolle, die in der Präsentation im Kunstmuseum Basel erläutert werden.

Vor 200 Jahren wurde Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821–1881) in Moskau geboren. Er zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 19. Jahrhunderts. Ein Besuch im Jahr 1867 verbindet ihn mit dem Kunstmuseum Basel und im Besonderen mit Holbeins Totem Christus. Seine zweite Frau Anna Grigorjewna berichtet in ihren Memoiren: "Das Bild machte auf Fjodor Michailowitsch einen erschütternden Eindruck und er blieb davor wie erstarrt stehen. [...] Es war, als zeigte sein erregtes Gesicht Spuren jenes Entsetzens, das ich meist in den ersten Augenblicken eines epileptischen Anfalles bei ihm wahrnahm."

Dostojewski bereitete damals seinen dritten grossen Roman "Der Idiot" (1868/69) vor, den er anschliessend in Genf, Vevey, Mailand und Florenz niederschrieb. In diesem hat der Basler Museumsbesuch an fünf Stellen Spuren hinterlassen, und es werden drei Gemälde des Kunstmuseums evoziert: Hans Fries‘ "Enthauptung Johannes des Täufers", "der Tote Christus" von Hans Holbein d. J. in drei separaten Passagen, sowie die "Dresdener Madonna", die damals noch als Original Holbeins galt. Diese Werke werden in der Präsentation im ursprünglichen Holbein-Saal im ersten Obergeschoss des Hauptbaus mit den einschlägigen Textstellen aus dem Roman konfrontiert. Ergänzt wird die Ausstellung mit verschiedenen Ausgaben des Idioten sowie historischen Fotografien. Die Röntgenaufnahmen von Holbeins Totem Christussowie eine Infrarotreflektografie, auf denen die Veränderungen im Werk sichtbar werden, runden die Präsentation ab.

Holbein und Dostojewski - Der Tote Christus und seine Wirkung
Bis 30. Jänner 2022
Kurator: Bodo Brinkmann