Das Bundesamt für Kultur (BAK) würdigt das Lebenswerk der Schriftstellerin Fleur Jaeggy mit einem Schweizer Grand Prix Literatur, der höchsten Auszeichnung für Literatur in der Schweiz. Der Spezialpreis Vermittlung geht dieses Jahr an den Verein Sofalesungen / Lectures Canap / Letture sul sofà. Sieben Werke, die im vergangenen Literaturjahr erschienen sind, werden mit einem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet.
Schweizer Grand Prix Literatur 2025 an Fleur Jaeggy
Die Schweizer Schriftstellerin Fleur Jaeggy wurde 1940 in Zürich geboren. Sie schreibt hauptsächlich in italienischer Sprache. Nach ihrer Schulzeit in verschiedenen Schweizer Internaten ließ sie sich in Rom nieder, wo sie mit Ingeborg Bachmann befreundet war. Seit 1968 lebt Jaeggy in Mailand und arbeitet mit dem Verlag Adelphi zusammen.
Fleur Jaeggy ist bekannt für den knappen Stil ihrer Prosa, in der jedes Wort mit chirurgischer Präzision gewählt ist. Ihre kurzen, pointierten Sätze sind von großer emotionaler Intensität. Mit fast klinischer Kälte behandelt sie düstere Themen und erzeugt ein Unbehagen, das uns packt und erschüttert. In ihren Erzählungen geht es um Einsamkeit, Entfremdung und das Gefühl, von der Welt verlassen zu sein. Ihre Protagonistinnen und Protagonisten befinden sich in Situationen psychischer und gesellschaftlicher Isolation.
Fleur Jaeggys Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt. Besonders bekannt ist sie in Europa und den USA. Im Jahr 2024 begann der Suhrkamp Verlag mit einer Gesamtausgabe ihrer Werke. Ebenfalls 2024 erhielt sie den Gottfried-Keller-Preis.
Der Spezialpreis Vermittlung 2025 geht an den Verein Sofalesungen / Lectures Canap / Letture sul sofà
Seit zehn Jahren verwandeln Sofalesungen / Lectures Canap / Letture sul sofà private Wohnzimmer in öffentliche Literatursalons und bringen Literatur zu den Menschen. Im Rahmen eines sorgfältig kuratierten, mehrsprachigen Programms besuchen Autorinnen und Autoren mit ihren Moderatorinnen und Moderatoren die Quartiere und ermöglichen einzigartige Begegnungen. Die Gastgeberinnen und Gastgeber öffnen ihre Türen und Wohnzimmer, schaffen einen angenehmen Rahmen für den Austausch, laden die Nachbarschaft und die Öffentlichkeit ein und werden so zu Literaturvermittlerinnen und -vermittlern. Der innovative Ansatz, der sich durch die Vielfalt der Genres - Prosa, Lyrik, Spoken Word - und die Niederschwelligkeit auszeichnet, ermöglicht literarische Entdeckungen außerhalb der gewohnten Räume für alle, ob erfahrenes oder neues Publikum.
Die von einem gemeinnützigen Verein getragene schweizweite Initiative fördert den interkulturellen Austausch und neue literarische Stimmen. Aufstrebende und etablierte Autorinnen und Autoren erhalten eine professionelle Plattform und eine angemessene Honorierung, gleichzeitig wird die Lesekultur in der Gesellschaft gestärkt. Sofalesungen steht damit für ein innovatives Modell der Literaturvermittlung. Diese engagierte und nachhaltige Arbeit an der Schnittstelle von Kunst und Alltag wird mit einem Spezialpreis für Vermittlung gewürdigt.
Schweizer Literaturpreise 2025
Neben dem Schweizer Grand Prix Literatur und dem Spezialpreis Vermittlung hat die Eidgenössische Jury für Literatur folgende im vergangenen Jahr erschienene Werke mit einem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet:
- Fabio Andina (*1972, lebt in Viganello), Sedici mesi, Rubbettino Editore
- Romain Buffat (*1989, lebt in Lausanne), Grande-Fin, Double ligne
- Eva Maria Leuenberger (*1991, lebt in Biel), die spinne, Literaturverlag Droschl
- Laura Leupi (*1996, lebt in Zürich), Das Alphabet der sexualisierten Gewalt, März Verlag
- Catherine Lovey (*1967, lebt in Corsier), histoire de l’homme qui ne voulait pas mourir, Éditions Zoé
- Nadine Olonetzky (*1962, lebt in Zürich), Wohin geht das Licht, wenn der Tag vergangen ist, S. Fischer Verlag
- Béla Rothenbühler (*1990, lebt in Luzern), Polifon Pervers, Der gesunde Menschenversand
Die Preise sind mit je 25'000 Franken dotiert.