Hilary Lloyd im Kunstmuseum Basel

Das Museum für Gegenwartskunst präsentiert die erste Überblicksausstellung der britischen Künstlerin Hilary Lloyd (*1964, lebt in London) in der Schweiz. Lloyds verstohlenes Kameraauge fixiert unter anderem Schauplätze des urbanen Lebens und beleuchtet die moderne Stadt als Ort des Voyeurismus, Fetischismus und der sexuellen Ambivalenz. Menschen in alltäglichen Ritualen und routinierten Gesten der Selbstdarstellung interessieren die Künstlerin ebenso wie Architektur, Werbung und das Spielen mit Lichteffekten auf unterschiedlichen Oberflächen.

In ihren Installationen der frühen 1990er Jahre mit Videos, Diaprojektoren und Umgebungsgeräuschen wird die gegenseitige Abhängigkeit von Menschen und Stadt aufgezeigt, die als untrennbare Einheiten einander bedingen. Handwerker, Kellner, Skater, DJs und Clubbesucher werden zu Subjekten von Lloyds Untersuchung. Aber auch gewöhnliche Gebäudeelemente oder Blumen gelangen vor ihre Kamera, um sich in eigenständige Bilder zu verwandeln. Der selektive Blick zeichnet ein Bild urbaner Faszination, das durchdrungen ist von einer dynamischen Choreografie aus statischen und bewegten Sequenzen.

Am offensichtlichsten werden diese zu Bildmontagen zusammengefügten Wahrnehmungseffekte mithilfe von Spiegelungen, Splitscreens und Rotation in Arbeiten wie "Building" (2011) und "Motorway" (2010) erreicht. Abstrakte Studien kommen hinzu, die an flüssiges Quecksilber, Glasscherben oder helle konzentrische Kreise erinnern. Bisweilen lässt sich dabei die materielle Substanz der Oberflächen nicht mehr erschliessen. Die Bilder von Lichteffekten, Architektur, Werbung und Posen aktuellerer Arbeiten (z.B. "Striped Man", 2011) sind von verstärkt strukturalistischer Natur. Sie sind reduziert auf ihre schiere Oberfläche und Materialität.

Lloyds Praxis beschränkt sich jedoch nicht nur auf das gefilmte Bild; auch die Installation mit den elegant und sorgfältig im Raum platzierten Monitoren, Flachbildschirmen und Projektoren erhält eine starke Präsenz. Der Besucher wird unweigerlich nicht nur mit den Bildern, sondern auch mit ihrer Manifestation konfrontiert. Da die technischen Mittel schon auf den ersten Blick zu erkennen sind, erschließen sich dem Betrachter sogleich alle räumlichen Bezüge. Diese Vorgehensweise verursacht überdies eine veränderte – eine merkwürdig mechanische – Zeiterfahrung.

Die zahlreichen für die Ausstellung ausgewählten und teils eigens für sie geschaffenen Werke vermitteln nicht nur einen Eindruck von Hilary Lloyds immenser Produktivität, sie markieren in ihrer Zusammenstellung auch einen wichtigen Augenblick in ihrer künstlerischen Entwicklung. Hilary Lloyd verbrachte 2001 als Gast der Stiftung Laurenz-Haus ein Jahr in Basel. 2011 wurde sie für den renommierten Turner Prize nominiert.

Begleitend zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag ein Katalog mit Beiträgen von Kirsty Bell, Sabeth Buchmann und Pablo Lafuente. Es ist dies die erste Monografie zu Hilary Lloyds Werk und die erste gross angelegte Auseinandersetzung mit ihrem Schaffen.

Hilary Lloyd
12. Mai bis 16. September 2012