Hidden Darts

Für seine erste europäische Einzelausstellung im MUMOK konzipiert der junge amerikanische Künstler Josh Smith eine raumgreifende Installation mit rund 80 neuen Bildern, in deren Mitte eine lebensgroße Skulptur von Duane Hanson platziert wird. Smith verarbeitet zentrale Mythen und Klischees der modernen Malerei und verbindet dabei die Vitalität expressionistischer Ausdrucksmittel mit dem Wissen um Appropriation Art und Institutionskritik.

Josh Smith hängt die Arbeiten zweireihig übereinander und Kante an Kante entlang der Wände des Ausstellungsraums. Dadurch entsteht eine überbordende Informationsflut, wobei Smith seine in den letzten Jahren etablierten Bildgattungen zusammenführt: die "Name Paintings", in denen der Allerweltsname Josh Smith in immer neuen Variationen als Bildmotiv fungiert; die "Palette Paintings", auf denen er die Farbe für seine Bilder anmischt; die "Announcements", die gleichzeitig Werbeplakate für die Ausstellungen des Künstlers sind; und schließlich die "Collagen", die Fundstücke wie Poster, Zeitungsausschnitte oder Landkarten mit seinen eigenen Zeichnungen und Drucken übereinander geblendet zeigen. In diesem Crossover verweben sich auf der Oberfläche der Bilder subjektive Erfahrung und äußere Lebenswelt.

Im Zentrum der MUMOK Factory ist die "Football Vignette" (1969) von Duane Hanson zu sehen, eine Inkunabel des Hyper-Realismus aus der Sammlung des Museums (Österreichische Ludwig Stiftung). Die pyramidal komponierte Skulptur greift jenen Moment höchster Dramatik heraus, in dem ein Football-Spieler von seinen zwei Gegnern brutal attackiert wird. Vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges entstanden, verweist die Figurengruppe auf nackte zwischenmenschliche Gewalt, maskiert und gesellschaftlich sanktioniert im sportlichen Wettkampf. In den Kontext von Josh Smiths Ausstellung gestellt, setzt ein spannungsreiches Wechselspiel zwischen der Skulptur und den Bildern ein. Auf ganz unterschiedliche Weise wird in beiden Fällen das Verhältnis zwischen dem Realismus der amerikanischen Alltagskultur und deren künstlerisch-symbolischen Transformation ausgelotet. Vor allem aber vermag die Metaphorik des sportlichen Wettkampfes ein grelles Schlaglicht auf den künstlerischen Schaffensprozess zu werfen: das Ringen um relevante Kunst zwischen persönlicher Integrität und zählbarem Erfolg.

Der Ausstellungstitel "Hidden Darts" ("Versteckte Pfeile") verweist auf die konzeptuell angelegte Aggressivität von Josh Smith’s Kunst ebenso wie auf die Unabsehbarkeit seiner Arbeitsweise. Smith malt und collagiert in Serien, wodurch, wie in einem Skizzenbuch, der Mal- und Denkprozess offengelegt wird: spontane Einfälle, die er weiter verfolgt, variiert, umdeutet, aber auch Fehler und (vermeintliche) Irrwege. Auf der Suche nach "Versteckten Pfeilen" wird der/die Betrachter/in in ein Spiel involviert: Ist die jeweilige künstlerische Setzung bloßer Zufall oder hintergründige Anspielung? Fügt sie sich in ein sinnvolles Ganzes oder ist sie eine überflüssige Störung? Smiths Rückgriff auf ein expressionistisches Formenvokabular unterscheidet sich dabei grundlegend von der Malerei der 80er Jahre mit ihren großen rhetorischen und ironischen Gesten. "Hidden Darts" legt im Gegenteil das Augenmerk auf jene affektgeladenen Momente eines Bildes, so Smith, "which you can’t see but can feel".

Josh Smith wurde 1976 in Okinawa geboren und wuchs in Knoxville, Tennessee auf. Er lebt und arbeitet in New York.


Zur Ausstellung erscheint eine von Josh Smith gestaltete Kunstpublikation mit Statements (Texte, Gedichte, Zeichnungen u. a.) von Freunden, Kollegen und Mitarbeitern des Künstlers, einem Interview zwischen Achim Hochdörfer und Josh Smith sowie Abbildungen aller in der Präsentation vertretenen Bilder.

Josh Smith - Hidden Darts
25. Juli bis 28. September 08