Haydns letzte Jahre

2009 jährt sich der 200. Todestag von Joseph Haydn (1732-1809). Zum Auftakt des Gedenkjahres zeigt das Wien Museum ab 29. Jänner 2009 eine neue Dauerausstellung im Haydnhaus, der letzten Wohnstätte des Komponisten. Joseph Haydn erwarb dieses Wohnhaus in Gumpendorf, damals noch äußerste Wiener Vorstadt, zwischen seinen beiden Englandreisen. Er erweiterte es um ein Stockwerk, bezog es 1797 im Alter von 65 Jahren und verbrachte dort seinen Lebensabend. Haydn starb in diesem Haus am 31. Mai 1809.

Im Fokus der neuen Daueraustellung stehen die letzten zwölf Lebensjahre des Komponisten, seine Musik, seine Lebensweise, sein Altwerden. Haydns persönliche Situation wird mit dem politischen und sozialen Umfeld seiner Zeit verknüpft. Zu entdecken ist der heute wohl "Unbekannteste" aus dem Dreigestirn der Wiener Klassik (Haydn- Mozart-Beethoven): Um 1800 erreichten Haydns Popularität und Ansehen ihren Höhepunkt. Er wurde international gefeiert, von Komponistenkollegen bewundert, von Musikverlagen umworben.

Zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland machten Haydn in diesem Haus ihre Aufwartung, darunter Ludwig van Beethoven, Georg August Griesinger (Verlagsagent für Breitkopf & Härtel), Haydns Brüder Johann (Sänger der Esterházyschen Kapelle) und Michael (Komponist), Luigi Cherubini, Franz Xaver Wolfgang Mozart, Johan Nepomuk Hummel, August Wilhelm Iffland, die Fürstin Marie Hermenegilde Esterházy u.v.a.m. Ihre Aufzeichnungen und Erinnerungen dienten als Orientierung für die Gestaltung der Ausstellung.

Am Beginn der Ausstellung im Erdgeschoss werden Stadtporträts von London und Wien entworfen, die den Besucher von heute in die Lebenswelt des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts entführen. Es war eine Zeit des politischen Umbruchs: Haydn erlebte in seinem Haus beide Belagerungen Wiens durch die Truppen Napoleons. Trotz der relativen Abgeschiedenheit blieb der Schöpfer des patriotischen Volksliedes "Gott erhalte" (1797) ein politischer Mensch, der selbst von Österreichs Kriegsgegner Frankreich umworben wurde.

Fortgesetzt wird die Ausstellung im ersten Stock, dem Wohnbereich Haydns, dessen Raumaufteilung dank behutsamer Sanierung dem Originalzustand entspricht. Die wichtigsten Alterswerke entstanden hier, darunter die Oratorien "Die Schöpfung" (1796-1798) und „Die Jahreszeiten" (1799-1801) sowie die letzten Streichquartette. Haydn erlebte in diesen Räumlichkeiten eine der schöpferisch fruchtbarsten Phasen seines Lebens: "Die Phantasie spielt mich, als wäre ich ein Klavier."

Die Gäste von einst säumen in Gestalt von Porträts den Aufgang zur Wohnung, am Eingang empfängt den Ausstellungsbesucher eine fotografische Installation von Peter Rigaud, die eine historische Haydn-Wachsbüste von Franz Christian Thaler (1799) in den Räumlichkeiten der Haydnwohnung zeigt. Für die Besucher von heute liegt ein Gästebuch bereit, das dem verschollenen "Fremdenbuch" Haydns nachempfunden ist.

In Haydns Schlafzimmer sind Notenabschriften von Kanons zu sehen, wie sie schon Haydn hängen hatte: Die so genannten "Canons", schwarz gerahmte handschriftliche Musikpartituren, spielen eine zentrale Rolle in den Berichten vieler Besucher von damals. In einem weiteren Raum, der eigens für "Ehrensachen" bestimmt war, wird an Medaillen, Urkunden und Geschenke erinnert. Haydn hatte diese vor allem nach dem Erfolg des Oratoriums "Die Schöpfung (1796-1798) von Kollegen und gekrönten Häuptern erhalten. Er zeigte sie seinen Gästen voll Stolz, sie erinnerten ihn an seine Erfolge und gaben ihm im Alter Halt und Bestätigung: "Sie werden sagen, das sind die Spielzeuge der alten Männer! – Für mich ist es aber doch mehr – ich zähle daran mein Leben rückwärts und werde auf Augenblicke wieder jung!..." (Haydn zitiert von August Wilhelm Iffland).

Auch in Haydns Salon ist das Generalthema sein Kampf zwischen seiner kreativen Energie und dem Verlust seiner Lebenskraft. Der Salon ist zudem der größte und wichtigste Raum: Hier spielte Haydn Klavier, hier "phantasierte" und komponierte er, hier korrigierte und schrieb er Briefe. Gegen Lebensende haderte er mit dem Älterwerden und rang um ein letztes großes Vokalwerk. Auf seiner letzten Visitkarte beklagte der Komponist in seiner ironischen Art mit einer eigenen Melodie: "Hin ist alle meine Kraft, alt und schwach bin ich." Neben Haydns Fortepiano ist auch sein Klavichord, das Johannes Brahms später besessen hat, eines der zentralen Objekte der Ausstellung, die durch zahlreiche neue Exponate erweitert wurde. Neu ist auch ein Audioguide mit Musikbeispielen und Hintergrundgeschichten.

Haydn genoss in seinem Haus in der Vorstadt das freie bürgerliche Künstlertum fernab des Hoflebens. Nach den Erfolgen und dem Freiheitsrausch während seiner beiden Aufenthalte in London hatte er beschlossen, ein beschaulicheres Leben zu führen. Nach fast 30 Jahren in fürstlichen Diensten als Kapellmeister der Esterházys ermöglichten ihm die internationale Anerkennung, seine letzten Erfolge durch seine Oratorien und sein Verhandlungsgeschick mit Musikverlagen einen Lebensabend ohne Geldsorgen. In seiner unmittelbaren Umgebung in der Vorstadt erlebte er aber auch die politischen Spannungen und sozialen Missstände seiner Zeit. Die Ausstellung zieht einen Vergleich zwischen den Lebensbedingungen Haydns und denen der armen Wiener Bevölkerung um 1800, außerdem zeigt sie Haydn als engagierten Zeitgenossen, der dem Versorgungshaus St. Marx Geldspenden zukommen ließ.

Ein Schmuckstück des Haydnhauses ist der kleine Garten, der im Haydnjahr erstmals für Besucher geöffnet wird. Er wird in Kooperation mit den Wiener Stadtgärten neu gestaltet – eine Annäherung an den bürgerlichen Garten um 1800. Der franziszeische Katasterplan (um 1820), der nach Kaiser Franz I. benannte erste vollständige Liegenschaftskataster, zeigt einen symmetrischen Garten, Berichte von Gästen belegen, dass Haydn in seinem Garten Obstbäume besaß. Die Eröffnung des Gartens erfolgt Ende Mai anlässlich eines großen Festes zum Todestag (29./30./31. Mai). Geplant sind an diesem Wochenende Konzerte, Tanzaufführungen, Vorträge, Expertenführungen sowie Angebote für Kinder.


Haydns letzte Jahre
Haydnhaus, Haydngasse 19, 1060 Wien
Öffnungszeiten: Di bis So/Fe 9 - 18 Uhr