Hanns Zischler - Nach der Natur

Am 24. Mai 2013 eröffnet die Berliner Alfred Ehrhardt Stiftung die Ausstellung "Hanns Zischler - Nach der Natur (camera obscura)". Zischler ist als Schauspieler und Publizist bekannt. Seit 1970 arbeitet er im Windschatten seiner anderen Tätigkeiten auch als Fotograf. Seit den 1990er Jahren widmet er sich nach dem Kauf einer Rigby-pin-hole-camera (4 x 5 inch) verstärkt der Lochbildfotografie.

"Es geht bei dieser Art der Fotografie für mich darum, das fließende Spiel der bewegten Elemente (wie die Götter im Mythos sind es Wind, Welle und Wolke) mit den unbeweglichen Gegenständen zu überlisten und zu einem einzigen Zeitbild (von zwei Minuten und mehr) zu zähmen, ins Gehäuse zu locken und auf dem Planfilm in einem durchaus wörtlichen Sinn zu domestizieren. "Die Sonne bringt es an den Tag", sagte einmal Adelbert von Chamisso. Diese Maxime beschreibt hinreichend meine Arbeit mit der camera obscura.

Die Wahl der Motive ist von kaum benennbaren Vorahnungen begleitet, die jenseits der bloß technischen Mutmaßungen über das Ergebnis – Schattenverlauf, Leuchtkraft der Farben, Ausmaß der Bewegungsunschärfe – liegen. Unverzichtbare Voraussetzung ist die ruhige Betrachtung, ehe an die Bestimmung des Standorts und der dort herrschenden Lichtverhältnisse zu denken ist. Die unmittelbar gegenüber der Blendenöffnung liegende Fläche empfängt mehr Lichtpartikel als die Ränder, so dass am Ende der Belichtung eine von der hellen, solaren Mitte des Bildes nach außen dunkler werdende, pulsierende Lichtstreuung zu beobachten ist. Die Frage der Schärfe bzw. Unschärfe ist aus physikalischen Gründen für diese Art der Fotografie unerheblich." (Hanns Zischler)

Camera obscura: Der englische Feinmechaniker Rigby stellt für die klassischen Fotoformate 4 x 5 inch und 10 x 13 inch sogenannte "pin-hole cameras" her. Es sind fest vernutete, rechteckige Eichenholzkästen mit einer präzise durchbohrten Messingscheibe – Blende 1 / 164 – in der Mitte der Vorderseite (mit einer auswärtigen Verschlussklappe) und einer offenen Rückwand für die Halterung und den Wechsel der Planfilmkassetten. Zwei Schraubbohrungen im Gehäuse erlauben die Fixierung eines Stativs für Aufnahmen im Hoch- und Querformat. Da es für die camera obscura keinen externen "Sucher" gibt, kann nur die individuelle Erfahrung bei der Bestimmung der Cadrage (mit einer Öffnung von ca. 105 Grad) behilflich sein. Gleiches gilt für die Dauer der Belichtung.

Hanns Zischler (*1947 in Nürnberg) lebt und arbeitet seit Ende der 1960er Jahre in Berlin. Als Schauspieler hat er u.a. unter der Regie von Wim Wenders, Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und Steven Spielberg gearbeitet. 2006 gründete er den Alpheus Verlag. Neben zahlreichen Aufsätzen erschien 1996 im Rowohlt Verlag sein Roman Kafka geht ins Kino. 2010 gab Zischler, zusammen mit der Künstlerin Hanna Zeckau den Schmetterlingskoffer sowie mit Ulrich Moritz und Agnieszka Pufelska Vorstoß ins Innere - Streifzüge durch das Berliner Naturkundemuseum heraus. Im Monat April werden seine beiden neuesten Publikationen Berlin ist zu groß für Berlin (Galiani Berlin) und, zusammen mit Elke Schmitter Galerie der Namenlosen (Alpheus Verlag) vorgestellt. 2009 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste, Berlin. Für sein kulturelles Schaffen und Engagement wurde dem Autor im März der Preis der Deutschen Literaturhäuser verliehen.

Zur Ausstellung in der Alfred Ehrhardt Stiftung erscheint das gleichnamige Buch "Hanns Zischler - Nach der Natur (camera obscura)" im Kehrer Verlag. Mit Texten von Jean-Christophe Bailly, Christiane Stahl und Hanns Zischler; 16,5 x 22 cm; 72 Seiten, 24 Farbabbildungen, Deutsch/Englisch, 24,80 EUR.

Hanns Zischler - Nach der Natur (camera obscura)
25. Mai bis 30. Juni 2013