Das laufende Jahr steht für das Kunstmuseum Liechtenstein ganz im Zeichen seines fündundzwanzigsten Geburtstages. Anlässlich dieses Jubiläums wurde die 1950 in Vaduz geborene Künstlerin Hanna Röckle eingeladen, den Eingangsbereich des Hauses neu zu gestalten. Röckle realisierte in Zusammenarbeit mit den Architekt:innen Uli Mayer und Urs Hüssy Roeckle im Garderobenbereich eine grossformatige, abstrakt geometrische Wandmalerei und verleiht solcherart den Garderobenschränken eine silberne, glänzende Oberfläche. Ihr Konzept ist Teil der Werkserie „Tilings“ (Fliesen) und bezieht auch das angrenzende Treppenhaus mit ein.
„Silver Lining“ ist eine aus dem Englischen stammende umgangssprachliche Redewendung für „Lichtblick“ oder „Hoffnungsschimmer“. Aber auch den häufig rezipierten „Silberstreifen am Horizont“, der bei einer bestimmten Lichtbrechung über dem Wasser erscheint, kann damit assoziieren. In Roeckles Wandgemälde formen Silberstreifen eine netzartige Struktur, aus der sich polyedrische Farbflächen zu einer dreidimensional anmutenden Kristallwand verdichten. Die in verschiedenen Abstufungen gemalten Farbtöne Orange, Rosa/Violett, Blau und Silbergrau finden sich in Roeckles skulpturalem Werk wieder und kommen ursprünglich in der Natur in Mineralien vor. Physikalische Phänomene aus der Mineralogie oder Optik, wie etwa die „Mehrfarbigkeit“ beim Turmalin, die durch Absorption des Lichts bzw. Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln entsteht, greift die Künstlerin auf und entwickelt diese weiter. So hat dieser Raum die Anmutung eines begehbaren Kaleidoskops.
Konstruktives Kalkül und geometrische Strenge stehen bei Hanna Röckle, die immer wieder wissenschaftliche und architektonische Fragestellungen in ihr Schaffen miteinbezieht, stets in einem vielschichtigen Dialog mit der Sinnlichkeit eigenwilliger Farbstrukturen.
Die Künstlerin steht mit ihren modularen Bild- und Objektserien in der Tradition der konkret-konstruktiven Kunst und gehört in der Schweiz gegenwärtig zu ihren prominentesten Vertreterinnen.
Jubiläumsedition
Über dieses Kunst-am-Bau-Projekt hinaus hat die Künstlerin in Kooperation mit dem Kunstmuseum auch ein skulpturales Multiple entwickelt. Bei der als „Silver Star“ betitelten Jubiläumsedition mit einer limitierten Auflage von 25 Stück handelt es sich um ein kleines, polyederförmiges Objekt in Silber, das je nach Licht- und Blickeinfall in changierenden Farben erscheint. Es ist ein typisches Beispiel aus dem Werkkosmos von Hanna Roekle, bei dem sich klare Raumstrukturen und serielle Systeme mit sinnlichen Farbverläufen verschränken.