Gute Aussichten. Junge deutsche Fotografie 2014/15

Seit der Geburtsstunde des Projektes im Jahr 2004 begleitet das Haus der Photographie in den Deichtorhallen das Ausstellungsprojekt "Gute Aussichten – Junge deutsche Fotografie". Mittlerweile hat es sich zu Deutschlands bedeutendstem Wettbewerb für Absolventen im Bereich Fotografie entwickelt. Die Jury, zu der in diesem Jahr neben der Gründerin Josefine Raab, Wibke von Bonin, Claudia Christoffel, Paul Graham, Mario Lombardo, Stefan Becht und Ingo Taubhorn gehörten, kürte acht Preisträger aus 115 aus 40 Instutionen Einsendungen.

Die fotografischen Arbeiten von Karolin Back, Katharina Fricke, Andrea Grützner, Marvin Hüttermann, Stefanie Schroeder, Jannis Schulze, Kolja Warnecke und Eduard Zent werden vom 22. Januar bis 8. März 2015 im Haus der Photographie der Deichtorhallen zu sehen sein.

Laut SPIEGEL ist gute aussichten "Deutschlands renommiertester Wettbewerb für junge Fotografen", der sich immer mehr zu einer "ständigen Vertretung der jungen Fotografie" entwickelt. Den Kern des Projektes bildet ein jährlich stattfindender Wettbewerb für Abschlussarbeiten aus allen deutschen Hochschulen, Fachhochschulen und Akademien, die einen Studiengang Fotografie anbieten. Dabei kann jede Hochschule maximal fünf Bewerber einreichen. Die von einer namhaft besetzten Jury ausgewählten Gewinner/innen werden anschließend in verschiedenen Ausstellungen, Aktionen und Medien der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Josefine Raab, die Initiatorin von "Gute Aussichten", zu der diesjährigen Auswahl: "Was sehen wir? Ein aufgeschlitztes Hemd, darunter ein Brustkorb und der Bauch eines Toten, die Haut gezeichnet von der Struktur des Stoffes. Daneben das Bild einer minzgrün gefliesten Badezimmerwand, über dem Duschkopf noch die obligatorische Badehaube aus durchsichtigem Plastik. Ein großer, traditionell gekleideter Mann aus Ghana, der nagelneue Fußballschuhe in Knallblau und Neongrün an den Schnürsenkeln hält. Eine Fotografin, offenbar im kommerziellen Dauereinsatz, die u.a. in einem Film eine Fotografin spielt, dabei aber keine Fotografien macht. In Schwarz-Weiß abgelichtete Häuserfassaden, Ein- und Ausgänge, Wege, Straßen, Zäune, Garagen, Parkplätze, alles in graues Herbstlicht getaucht, auf über 160 kleinformatigen Bildern."

Im 11. Jahr von "Gute Aussichten" beschäftigt sich die junge Generation von Fotograf/inn/en mit den grundlegenden, den existenziellen Fragen unseres Lebens: der Alltäglichkeit des Sterbens und dem, was bleibt oder mit den Toten spurlos verschwindet. Der Verwurzelung der Menschen in ihrer Tradition bzw. Herkunft und wie sie, diese Menschen, doch längst die Gadgets und Alltagsgegenstände der westlichen (Überfluss-) Gesellschaft in ihr Leben integriert haben − moderne Migration. Die Fotografie als ausübende Handlung, als Job, der zu erledigen ist, bei dem zwar ein Bild entsteht, dieses aber, wie die Fotografin selbst, zur Nebenrolle verkommt. Gleichzeitig wird damit die Kehrseite der Medaille eines langjährigen Kunststudiums sichtbar − "ein Bild abgeben" in vielerlei Hinsicht. Eine gezielte Spurensuche auf ganz alltäglichen Wegen, die zeigt, wie aus dem, was wir in unserer täglichen Routine längst übersehen, durch Aufmerksamkeit und Perspektivwechsel etwas Sichtbares, Spürbares wird.

Mit anderen Worten: Die acht für "Gute Aussichten 2014/2015" ausgewählten Preisträger sind mit ihren Arbeiten dem Leben dicht auf Spur. Die Themen Tod, Migration, gesellschaftliche Diskriminierung, Einsamkeit, Isolation, Verzweiflung stehen Freude, Erkenntnis, Vielfalt und schöpferischer Kraft gegenüber. Mit ihren Werken fordern uns die Fotografen unverblümt heraus. Sie geben sich nicht zufrieden mit dem einfachen Ablichten. Sie sind auf der Suche nach Anzeichen, Hinweisen, nach Anklängen, Fährten, Zwischentönen. Sie zeigen die Spuren, die das Leben bei uns hinterlässt. Sie geben uns einen Geschmack davon, wie es um uns und unsere Gesellschaft bestellt ist − wie es William Gibson, der amerikanische Autor und Erfinder des "Cyberspace", so treffend formulierte: "Misstrauen Sie (stets) dem unverwechselbaren Geschmack."


Gute Aussichten
Junge deutsche Fotografie 2014/15
23. Januar bis 8. März 2015