Gustav Klimt und Josef Hoffmann - Pioniere der Moderne

Das Belvedere besitzt die weltweit größte Sammlung von Gemälden Gustav Klimts (1862–1918) und präsentiert den berühmten Künstler im Herbst 2011 gemeinsam mit dem kongenialen Architekten und Gestalter Josef Hoffmann (1870-1956). Die Ausstellung widmet sich der Zusammenarbeit dieser beiden Künstler, die mit der Gründung der Wiener Secession 1897 begann und mit Klimts Tod 1918 endete. Die ersten gemeinsamen Projekte verweisen auf eine Phase des Übergangs vom dekorativen, floralen Jugendstil hin zu einem nüchternen, sich vorwiegend an orthogonalen Strukturen orientierenden Gestaltungsprinzip.

So entwarf Hoffmann die ihm überantworteten Räume der Weltausstellung in Paris 1900 noch ähnlich dem sich vom Historismus befreienden kurvilinearen Stil der Wiener Secession. Während man bei dieser Ausstellungskonzeption noch schlicht von "Arrangements" sprach, war bei der ersten an Hoffmann übertragenen Secessions-Ausstellungsgestaltung bereits von "moderner Raumkunst" die Rede. Die Radikalität des in weniger als einem Jahr vollzogenen Stilwechsels wird in der Belvedere-Schau durch die Gegenüberstellung beider Raumprinzipien bildhaft gemacht.

Die Wandabwicklung der Pariser Weltausstellung begegnet dabei der von Hoffmann geplanten und realisierten Beethoven-Ausstellung in der Secession 1902. Eine detailgetreue Rekonstruktion des Klimt-Raums, der Klimts Beethovenfries beherbergte, und ein maßstabsgetreues Modell der gesamten Ausstellungsfläche veranschaulichen das erste Gesamtkunstwerk Wiens. Kompositionsskizzen zum Fries von Klimt und Studien anderer an der Ausstattung beteiligter Künstler beleuchten die Genese dieser Schau.

Wesentliche Impulse für die Entwicklung der Wiener Moderne kamen von belgischen Künstlern wie George Minne oder Fernand Khnopff, die in Wiener Ausstellungen Triumphe feierten. Zu keiner Zeit gab es einen ähnlich regen Austausch zwischen belgischen und österreichischen Protagonisten von Kunst, Architektur und Literatur wie um 1900. Diesem Umstand wird in der Belvedere-Schau durch die Gegenüberstellung von Werken Khnopffs, Minnes, Jan Toorops und Klimts Rechnung getragen. Dass im wechselseitigen Einfluss auch die belgische Architektur eine Rolle spielte, veranschaulicht u. a. ein Modell des Wohnhauses und Ateliers von Khnopff, das dieser 1901 baute.

Die engen Beziehungen der Künstler beider Länder und insbesondere der freundschaftliche Kontakt zwischen Khnopff, Fritz Waerndorfer (Geschäftsführer der Wiener Werkstätte), Hoffmann, Klimt und dem damals in Wien ansässigen Kunstliebhaber Adolphe Stoclet kulminierten schließlich 1905 in der Idee und wenig später der Ausführung des Palais Stoclet in Brüssel. Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens steht das 1911/12 an die Hausherren übergebene Palais im Zentrum der Belvedere-Ausstellung. In Zusammenarbeit mit der Eigentümerfamilie und den Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique in Brüssel wird dieses außergewöhnliche Bauwerk und seine faszinierende Ausstattung präsentiert. Eine detailgetreue Rekonstruktion der Halle, ein Architekturmodell, zahlreiche Pläne und Vorzeichnungen für den von Klimt geschaffenen Stoclet- Fries sowie Keramiken aus Leopold Forstners Wiener Mosaikwerkstätte geben Aufschluss über die Entstehungsgeschichte des Palais.

Auch Ausstellungsprojekte für die Weltausstellung in St. Louis 1904, die Internationale Kunstausstellung in Mannheim 1907, die Kunstschau 1908, in der Klimts Meisterwerk "Der Kuss" erstmals öffentlich gezeigt wurde, und die Internationale Kunstschau 1909 demonstrieren die Art der Zusammenarbeit Klimts und Hoffmanns sowie deren wechselseitige Beeinflussung, die auch im Bezug zur Wiener Werkstätte untersucht wird. Hoffmanns Ausstellungsgestaltungen gelten in der Entwicklung der Wiener Moderne bis heute als bahnbrechend und werden in der Belvedere-Schau anhand von Entwürfen und dokumentarischen Materialien nachvollziehbar gemacht.

Für Klimts letztes Atelier im 13. Wiener Gemeindebezirk gestaltete Hoffmann die Inneneinrichtung, die Teile von Klimts ethnografischer Sammlung beherbergte. Ein Raumeindruck des Ateliers wird mit Originalmöbeln rekonstruiert. Mit Klimts Tod endete die Verbindung dieser beiden Pioniere der österreichischen Moderne, die gemeinsam danach strebten, einen Gleichklang zwischen bildender und angewandter Kunst zu schaffen, und mit ihrer Zusammenarbeit im Bereich des Gesamtkunstwerks neue Maßstäbe in Europa setzten.

Gustav Klimt / Josef Hoffmann - Pioniere der Moderne
25. Oktober 2011 bis 4. März 2012