Ein Cellokonzert, komponiert von Marcus Nigsch im Auftrag der Wiener Symphoniker zum 125-Jahre-Jubiläum, für einen Star der Szene, Kian Soltani, aufgeführt bei den Bregenzer Meisterkonzerten, unter der Leitung des jungen Dirigenten Patrick Hahn, wurde zum erwarteten großartigen Ereignis, doch nicht nur wegen dem Vorarlbergbezug des Komponisten und des Solisten!
Unter dem Namen „Marque“ hielt sich Marcus Nigsch als Popsänger in den Top-charts, bevor er in Zürich Barockmusik studierte und bei Herbert Willi, am damaligen Landeskonservatorium Feldkirch, Komposition. Schon 2021 hatte der Feldkircher zur 75-Jahr Feier der Bregenzer Festspiele einen prestigeträchtigen Kompositionsauftrag bekommen, das Werk wurde von den Wiener Symphonikern – Festspielorchester in Residence – uraufgeführt. Und auch für deren Geburtstag war Nigsch also erste Wahl. Nicht Klangexperimente faszinieren den Komponisten, sondern die Emotion in der Musik. „Ich möchte etwas zum Schwingen bringen. Mir ist es wichtig mit dem Handwerk, das ich gelernt habe, meine Aussage zu inszenieren, sodass für die Zuhörenden eine Art Kopfkino entsteht.“
Marcus Nigsch hat das Cellokonzert quasi auf Kian Soltani und sein Instrument – ein wunderschönes Stradivari-Cello, das ihm von einer Stiftung zur Verfügung gestellt wird – hingeschrieben. Die beiden kennen sich schon lange, und es verbindet sie auch die Vorliebe für genreübergreifende Musik. Da wurde ausführlich an Details getüftelt. „Manchmal erklingen Dialoge zwischen dem Orchester und dem Solisten. Dann nimmt er Motive auf und gibt sie weiter. Dann ringen sie miteinander. Der Solist taucht ein und das Orchester rollt über ihn hinweg. Das Konzert will nichts anderes als verständlich sein.“ Mit Steps – Lines –Beats sind die drei Sätze des Cellokonzerts „Versus“ übertitelt. Nigsch scheut nicht davor Melodien erklingen zu lassen, scharf fährt das Orchester dazwischen, dann wieder Schwelgen, bildreiche Geschichten musikantisch erzählt … „Das Ein- und Aussteigen von der Tonalität in die Atonalität hinein und umgekehrt interessieren mich. Im Vordergrund steht der Fluss in der Musik“, wird der Komponist im Programmheft zitiert. Virtuos am Cello, Kian Soltani, seine Bühnenpräsenz bewegt, der Sound ist berauschend. Eine Zugabe gibt es, nämlich den „Schwan“ aus Saint-Saens‘ „Karneval der Tiere“ zu Harfenklängen, sehr stimmig und bezaubernd.
Eingerahmt wurde das Highlight dieses Konzertabends von der Ouvertüre zur Oper „Ruslan und Ludmilla“ des „Vaters der russischen Musik“ Michail Iwanowitsch Glinka (1804–1857), die schnell verflog, so ephemer, kaum hat man mit dem Zuhören begonnen, und der Symphonie Nr. 5 von Piotr Illitsch Tschaikowski (1840–1893). Das passte nach der Pause hervorragend zum vorher Gehörten, mit dem Schwung, den Kontrasten, mit Licht und Schatten … und spätestens dann zog der erst 29-jährige Dirigent und Jazzpianist Patrick Hahn das Publikum in den Bann. Der Generalmusikdirektor des Symphonierochesters und der Oper Wuppertal dirigierte als Gastdirigent bei der jährlichen Bundesländertournee der Wiener Symphoniker diesen Klangkörper präzise musikalisch ausformuliert und voller Emotion.
Mit einem Geburtstagsgeschenk – eine Weichgrundradierung von Tone Fink, das Motiv die Bregenzer Oberstadt – gratulierte die Stadt Bregenz, bedankt wurde das restlos begeisterte Publikum mit zwei fulminant dargebotenen Polkas von Johann Strauß.
Bregenzer Meisterkonzert
Wiener Symphoniker unter der Leitung von Patrick Hahn
Solist: Kian Soltani Violoncello
Mit Werken von Glinka, Marcus Nigsch, Tschaikowski