Gottfried Lindauer. Die Māori Portraits

Die Nationalgalerie wird mit der Ausstellung "Gottfried Lindauer. Die Māori Portraits" erstmals in der Alten Nationalgalerie Gottfried Lindauer (1839-1926) vorstellen, dessen Werke außerhalb von Neuseeland fast unbekannt sind. Es ist das erste Mal, dass die Nachfahren der dargestellten Personen zusammen mit Haerewa (maorische Wissenschaftler und Künstler, die als Berater der Auckland Art Gallery Toi o Tāmaki tätig sind) ihre Erlaubnis erteilt haben, die Bilder außerhalb von Aotearoa/ Neuseeland zu zeigen.

Die Gemälde haben Neuseeland nie verlassen, weil die Nachfahren der im Porträt dargestellten Personen das Gedenken an die Ahnen lebendig bewahren und die Verbindung der Generationen zu Abstammung, Geschichte und Identität bis heute vergegenwärtigen. Die besonderen Bedingungen der Ausstellung erfordern Rituale und Segnungen für die ausgestellten Porträts und die Räume der Alten Nationalgalerie. Für die Zeremonien werden hochrangige Māori anreisen, die das karanga, haka whakatau, karakia waerea, christliche Gebete und den hongi vornehmen werden. Das Ritual wird einmalig zur Pressekonferenz durchgeführt.

Gottfried Lindauer, 1839 in Pilsen (heute Tschechien) geboren, ist einer der wenigen Maler des späten 19. Jahrhunderts, der sich in seinem Werk beinahe ausschließlich der Darstellung einer indigenen Bevölkerung, der Māori in Neuseeland, im Porträt und Genrebild widmete. Gottfried Lindauer wurde an der Wiener Kunstakademie ausgebildet. Leopold Kuppelwieser, Josef von Führich und Carl Hemerlein waren seine Lehrer. Durch die populärer werdende Fotografie war die Auftragslage in Pilsen nicht sehr gut und es drohte die Einberufung zum Militärdienst im ungarisch-österreichischen Krieg. Lindauer schiffte sich in Hamburg zur Auswanderung ein. Er erreichte im August 1874 den Hafen von Wellington in Neuseeland, siedelte in der Handelsstadt Auckland und traf hier auf seinen Förderer, den Geschäftsmann Henry Partridge, der die Māori-Kultur bewahren wollte. Lindauer starb 1926 hochbetagt in Woodville.

Mit der Ausstellung "Gottfried Lindauer. Die Māori Portraits" wird ein weiteres Kapitel der Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts aufgeschlagen, das die verschlungenen, sich schon damals um die ganze Welt spannenden Beziehungsgeflechte in den Fokus setzt. Die Alte Nationalgalerie mit ihrer erstklassigen Sammlung des 19. Jahrhunderts ist ein idealer Rahmen für die Ausstellung. Markiert doch die Ende des 19. Jahrhunderts erbittert geführte Auseinandersetzung um die Erwerbungen der französischen Kunst des Impressionismus ein für die Sammlungsgeschichte und Identität der Nationalgalerie entscheidenden Hintergrund.

Die internationale Ausrichtung des Museums nahm bisher eine europäische Geschichte der Kunst in den Blick und klammerte den Kontext einer schon globalisierten Welt des 19. Jahrhunderts aus. Die im Kontext zeitgenössischer Kunst entwickelten Fragestellungen des Ein- und Ausschlusses, um damit die Bedingungen der eigenen kulturellen Praxis zu befragen, sind hier von großer Relevanz, zeugen doch die Porträts der tätowierten Māori von einer echten und seltenen bikulturellen Wechselbeziehung und belegen die belebende Begegnung zwischen sehr unterschiedlichen Menschen, Gesellschaften und Kulturen.

Eine Ausstellung der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin in Kooperation mit der Auckland Art Gallery Toi o Tāmaki.


Ein ausführliches Buch, herausgegeben von Udo Kittelmann und Britta Schmitz, erscheint begleitend zur Ausstellung auf Deutsch/Englisch im Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln (ISBN Nr. 978-86335-630-9). Alle Porträts werden ganzseitig abgebildet und jeder Dargestellte ausführlich vorgestellt.

Gottfried Lindauer. Die Māori Portraits
20. November 2014 bis 12. April 2015