Godzilla (2014)

Godzilla als Retter der Menschheit im Kampf gegen zwei Flugsaurier? – Der Brite Gareth Edwards legt zum 60. Geburtstag der legendären Riesenechse nicht nur einen technisch perfekten und spektakulären, sondern auch einen liebevoll gemachten und intelligenten Monsterfilm vor.
Die Rückbesinnung auf Ishiro Hondas Original aus dem Jahre 1954 kommt schon im Vorspann zum Ausdruck: Auf Bleistiftzeichnungen von urzeitlichen Echsen und Buchseiten aus Darwins "Entstehung der Arten" folgen Zeitungsausschnitte und grobkörnige, auf alt getrimmte Filmaufnahmen von den Atombombenversuchen in den 1950er Jahren im Pazifik, bis die Leinwand mit einem Atompilz in Weißfilm übergeht und der Titel "Godzilla" erscheint.
Bis man die Riesenechse dann wirklich zu Gesicht bekommt, wird aber noch fast eine Stunde vergehen. Und auch in der Folge wird man oft nur Details von ihr wie den gezackten Kamm oder den langen Schwanz gezeigt werden. Umso imposanter sind dann die relativ wenigen Aufnahmen, indem man den Koloss in seiner ganzen Größe sieht, er seinen Kopf mit dem riesigen Maul gegen das Publikum reckt. Etwas dicklich, wie von Fans kritisiert wurde, mag dieser "Godzilla" schon sein, doch das stört kaum.
Zunächst aber geht es um einen Grubeneinsturz auf den Philippinnen im Jahre 1999, gefolgt von einer Reaktorkatastrophe in Japan. Wie sich das Original von 1954 auf die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki sowie die amerikanischen Atomtest der 1950er Jahre bezog, so ist dieser "Godzilla" ein Reflex auf die Katastrophe von Fukushima.
Nicht nur dramatisch und dicht, sondern auch visuell spektakulär ist dieser Einstieg von dem Gareth Edwards ins Jahr 2014 springt. In der Gegenwart lässt der Brite einen einstigen Reaktormitarbeiter (Bryan Cranston), der bei dem Reaktorunfall seine Frau (Juliette Binoche) verlor, mit seinem inzwischen erwachsenen und bei der Armee arbeitenden Sohn Ford in der wegen Verseuchung immer noch abgesperrten Zone nach Ursachen für die einstige Katastrophe suchen.
Zwar folgt man mit den Augen Fords (Aaron Taylor-Johnson) den Ereignissen, doch Profil gewinnen die Menschen in diesem Film kaum. Die eigentlichen Protagonisten des Films sind die Monster. Eines davon ist der Flugsaurier Muto, der im verstrahlten Gebiet über 15 Jahre durch die Radioaktivität seine Kräfte aufgebaut hat und nun – eine Spur der Zerstörung nach sich ziehend – durch den Pazifik über Hawaii Richtung San Francisco aufbricht, um sich dort mit einem Artgenossen, der aus Nevada vorrückt zu paaren. Dem japanischen Monster folgt aber die Echse Godzilla, zu Statisten degradiert wird das Militär beim finalen Dreikampf der Monster in San Francisco.
Wie Peter Jackson mit "King Kong" (2005) gelingt auch Gareth Edwards mit "Godzila" eine liebevolle Hommage an das Original. Auf ironische Brechungen verzichtet er, erzählt ernst und in düsteren Bildern, bewahrt aber dennoch Leichtigkeit. Geschickt nimmt Edwards Motive wie die Destruktionswut der Monster wieder auf und bringt mit Dr. Serizawa (Ken Watanabe) eine Figur von Hondas Film ebenso ins Spiel wie mit den "Mutos" den Riesenfalter Mothra der "Godzilla"-Filme der 1960er Jahre.
Keine kalte Retortenproduktion ist das, sondern trotz des Aufwands und des Spektakels, das dieser Film auch bietet, spürt man immer die Liebe, mit der hier gearbeitet wurde. Detailreich und mit viel Sorgfalt sind die einzelnen Szenen und die Monster gestaltet, die technisch perfekten Action- und Zerstörungsszenen gerinnen nie zum Selbstzweck, sondern dienen immer der Weiterentwicklung einer Handlung, die allerdings durch zahlreiche Schauplatzwechsel inkonsistent und zerrissen ist. Spannende leise Momente wie ein nächtlicher Gang über eine Eisenbahnbrücke wechseln mit großem, visuell aufregendem und eindrücklichen Spektakel.
Geschickt verwendet Edwards auch 3D. Er setzt weniger auf spektakuläre Effekte, sondern arbeitet vielmehr mit der Tiefe des Raums, involviert den Zuschauer, indem er ihn durch eine Windschutzscheibe, das Fenster eines Buses oder über die Schultern des Protagonisten auf die Monster blicken lässt oder man nur auf einer Glasfläche deren Spiegelbild sieht.
Blass bleiben dagegen die Menschen, auch ein Charakterkopf wie David Straithairn als leitender Offizier der Militäraktionen gewinnt hier kein Profil, arg aufgesetzt und nur notdürftig eingeflicktes Human interest-Moment ist die Familiengeschichte um Ford, seine Frau und seinen Sohn. Aber auch darin steht dieser „Godzilla“ letztlich in der Tradition des des 1954er-Originals, in dem auch das Monster im Mittelpunkt stand.
In der Tradition der "Godzilla"-Filme der 60er Jahre steht Edwards dagegen in seinem Blick auf die Riesenechse. Kein Feind der Menschen, sondern vielmehr Regulativ der Natur ist Godzilla hier. Ihr Fett bekommen die Menschen ab, die – wie Dr. Serizwawa feststellt – immer noch glauben die Natur beherrschen zu können und nicht merken, dass sie letztlich doch von ihr beherrscht werden, denn nicht nur Erinnerungen an Fukushima, sondern auch an Naturkatastrophen wie einen Tsunami und mit TV-Nachrichten mit der Schlagzeile "America under Attack" an den Terroranschlag vom 11. September 2001 weckt dieser schöne Monsterfilm.
Läuft derzeit im Cineplexx Hohenems und in der Kinothek Lustenau
Trailer zu "Godzilla" (2014)
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