The Global Contemporary

Auf welche Weise prägt Globalisierung die Kunst? In welcher Form wird sie zur Bedingung und zum Thema künstlerischer Produktion? Und wie lässt sie sich in einer Kunstausstellung präsentieren? Die Ausstellung "The Global Contemporary. Kunstwelten nach 1989", die in einem Forschungsprojekt am ZKM entwickelt wurde, macht es sich zur Aufgabe die globale Praxis darstellbar zu machen, die zur Veränderung der zeitgenössischen Kunst geführt hat.

Als eine Phase geopolitischer Wandlung der Welt bedeutet die Globalisierung zugleich eine Wandlung der Kunst, ihrer Produktions- und Distributionsbedingungen. KünstlerInnen und vor allem die Institutionen der Kunst – Biennalen, Museen, der Markt – stehen vor der Frage, wie weit Kunst "global" gedacht werden kann und muss.

Die Globalisierung bietet vielen KünstlerInnen erstmals eine Partizipation an einer weltweit expandierenden Kunstproduktion. Zugleich ist sie aber auch ein Machtkampf um Märkte und erschwert auf diese Weise ein "Zusammenwachsen". "The Global Contemporary. Kunstwelten nach 1989" versteht sich keinesfalls als eine Biennale, die einen neuen globalen Stil propagieren will. Die Ausstellung sowie das umfangreiche Rahmenprogramm fungieren als Forum für KünstlerInnen verschiedenster Herkunft. Viele KünstlerInnen bilden hier ihre Arbeitsbedingungen und ihre persönlichen Erfahrungen mit den Problemen einer globalisierten Welt ab. In diesem Zusammenhang rückt das "Zeitgenössische" in den Vordergrund. Eine neue Künstlergeneration beansprucht Zeitgenossenschaft, um sich von der Moderne mit ihrem hegemonialen Anspruch zu lösen.

Der Untertitel "Kunstwelten nach 1989" verschiebt den Akzent auf die neuen Kunstwelten, die nach dem Ende des Kalten Krieges und in der Ära der New Economy entstanden sind. Mittels dokumentarischer Materialien und künstlerischer Positionen zeigt die Ausstellung, wie die Globalisierung mit ihren dominanten Marktmechanismen einerseits und ihren Utopien der Vernetzung andererseits auf die unterschiedlichen Sphären der Kunstproduktion und -rezeption einwirkt.

Jeder Versuch, den Prozess der Globalisierung in seiner Gesamtheit zu erfassen, kann heute nur schlaglichtartig einen vorübergehenden Zustand abbilden. Um dem Rechnung zu tragen, wird "The Global Contemporary. Kunstwelten nach 1989" in sieben Themenbereiche aufgegliedert. Außerdem führt eine groß angelegte Dokumentation, die als eine Chronik der letzten zwanzig Jahre aufgebaut ist und eine eigens entwickelte Präsentation auf einem Panoramascreen einschließt, in das Thema der Ausstellung ein.

Das Modul "Weltzeit. Die Welt als Transitzone" präsentiert Arbeiten, die die Utopie einer in Raum und Zeit geeinten Welt abbilden. Die Metapher des Flughafens, die Installation einer verlassenen Gangway oder Flugzeug-Friedhöfe, die in Kunstwerken thematisiert werden, bilden hierbei einen Ort der Globalisierung ab. Gleichzeitig kommt die Arbeitssituation der KünstlerInnen zum Vorschein: Projekte entstehen simultan an mehreren Orten, mit mehreren Partner, die international verstreut sind; die Produktion erfolgt nicht selten unabhängig vom Aufenthaltsort, während die Konzeptionsphase zu einem großen Teil online umgesetzt wurde etc.

"Lebenswelten und Bilderwelten", spiegelt als ein weiteres Modul die Reaktion von Künstlern auf ihre Erfahrung mit den Massenmedien wider. Der grenzüberschreitende Bildkonsum der Populärkultur ist mit dem Entstehen kollektiver Bildwelten verbunden. Thematisiert wird hier insbesondere die permanente Umschreibung der gleichen Bilder. Weitere Module der Ausstellung sind: "Weltkunst. Die Wunderkammer aus postkolonialer Sicht", "Grenzfragen. Der Kunstbegriff der Moderne", "Netzwerke und Systeme. Globalisierung als Thema", "Kunst als Ware. Die New Economy und die Kunstmärkte" sowie "Lost in Translation. Neue Künstlerbiografien".

Das ZKM, das im Wendejahr 1989 als ein Zentrum für Medienkunst gegründet wurde, will als eine im besten Sinne utopische "Fabrik" den Wandel zur globalen Kunstproduktion, die in den Neuen Medien begonnen hat, in einer Ausstellung zur Diskussion stellen und erstmals das Fazit der letzten zwanzig Jahre ziehen. Die Ausstellung liefert kein allgemeingültiges Interpretationsschema, denn ihr Thema lässt sich vom alten Blickpunkt eines westlichen Beobachters nicht mehr glaubwürdig darstellen. Deshalb hat das ZKM zehn internationale KünstlerInnen dazu eingeladen, in einem Residenz-Programm während der Laufzeit der Ausstellung den Blickwinkel der KuratorInnen zu erweitern und durch ihre gemeinsamen Projekte und Workshops kritisch in die Ausstellung einzugreifen.

Die Resultate werden anschließend in einem Katalog dokumentiert. Außerdem wurde ein Studio in der Ausstellung eingerichtet, um an diesem Ort Diskussionen mit den KünstlerInnen zu veranstalten und dem Publikum die Möglichkeit einzuräumen, aktiv auf die Ausstellung und ihr Thema zu reagieren. Ein Begleitprogramm mit internationalen Wissenschaftlern bietet die Gelegenheit, den derzeitigen Diskurs der Kuratoren und Theoretiker am Ort der Ausstellung zur Sprache zu bringen. Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Broschüre, die einen ersten Einblick in den theoretischen Hintergrund gibt. Der Katalog zur Ausstellung erscheint im Frühjahr 2012 und dokumentiert Erkenntnisse und Resultate des Ausstellungsprojekts.

The Global Contemporary. Kunstwelten nach 1989
17. September 2011 bis 5. Februar 2012