Gillian Wearing in der NRW Kunstsammlung

Bei Gillian Wearing stehen von Anfang an Alltag und Gesellschaft, Fragen der Identität und kollektive Traumata, menschliche Abgründe und die Absurditäten sozialer Konventionen im Vordergrund. Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zeigt mit "Gillian Wearing" nicht nur die erste Überblicksschau der in London lebenden Künstlerin überhaupt, sondern damit im deutschsprachigen Raum auch die erste repräsentative Einzelausstellung Wearings. Zu sehen sind im K20 am Grabbeplatz etwa 40 Arbeiten aus der Zeit von 1992 bis heute.

Fragen nach der Identität, nach Rolle und der Gestaltung der eigenen Existenz stehen im Zentrum der Filme, Videos, Fotografien und Installationen Wearings, die 1963 in Birmingham geboren ist. Für ihre Videoinstallation "Sixty Minute Silence", hat sie 1997 den angesehenen Turner Prize erhalten; in den 1990er Jahren war Wearing an allen Ausstellungen der Young British Artists beteiligt. Bis 2010 entstand ihr erster Film "Self Made", der erfolgreich auf internationalen Filmfestivals gezeigt wird. Gillian Wearing nutzt Fotografie und Film, um ihre projekthaften und häufig prozessualen Arbeiten zu realisieren. Viele ihrer Arbeiten sind inszenierte Nacherzählungen, dokumentierte Bekenntnisse oder erzählte Wunschträume.

Wearing richtet die Kamera aber auch auf sich selbst. In ihren Selbstporträts zeigt sie sich als ihre Mutter, ihr Vater oder Bruder. Mit einer Reihe von jüngsten Arbeiten hat Wearing ein besonderes Familienalbum geschaffen. Indem sie sich als Diane Arbus, Robert Mapplethorpe, Andy Warhol, Claude Cahun sowie August Sander präsentiert, verwandelt sie sich ihre künstlerischen Vorbilder an. Wearing hinterfragt ihre eigenen Vorstellungen von Identität ebenso, wie die der anderen. "Wir alle spielen Theater", der deutsche Titel eines Klassikers der Rollensoziologie (Erving Goffman), markiert - vor dem Hintergrund von Reality TV und Web 2.0 - eine herausragende Position der Gegenwartskunst, deren komplexes und berührendes Werk mit dieser großen Einzelausstellung erstmals im deutschsprachigen Raum vorgestellt wird.

Der Überblick reicht von Wearings ikonischem Frühwerk "Signs that Say What You Want Them to Say and Not Signs that Say What Someone Else Wants You to Say" (1992 - 93) bis zu ihrer jüngsten Videoarbeit "Bully" (2010). In dem mit der Künstlerin erarbeiteten Ausstellungsparcours sind Videoarbeiten (mit deutscher Untertitelung), Fotografien, Skulpturen und, erstmals außerhalb von Großbritannien, die raumgreifende Installation "Family History" (2006) zu sehen.

Die Ausstellung ist in Kooperation der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen mit der Whitechapel Gallery, London, und der Pinakothek der Moderne in München entstanden. Der Katalog (dtsch. Ausgabe: Walther König) ist die erste deutschsprachige Monografie zu Gillian Wearing. Erstmals ist darin eine ausführliche Bildstrecke über die künstlerische Produktion aus dem Archiv der Künstlerin veröffentlicht.

Gillian Wearing
8. September 2012 bis 6. Januar 2013