Gezeichnete Kosmologien eines Komponisten

Als der Organist und Komponist Franz Hartl (1913–2003) in Zürich in einem Seniorenheim stirbt, ist die Familie überrascht, als sie gebeten wird, Hartls zeichnerischen Nachlass abzuholen. Zwei Mappen umfassen insgesamt rund 200 Zeichnungen und Gouachen von Franz Hartl, der meist mit "art" signierte. Der Grossteil des Werkes ist in den 1940er Jahren entstanden, es setzt sich aber fort bis in die späten 1980er Jahre. Die Blätter kreisen um eine sämtliche Künste umfassende Harmonik, die Hartl immer wieder aufs Neue berechnet und in geometrisch angelegten, hoch komplexen Formgefügen erspürt und nachzeichnet.

Ein Liniengespinst in zarter Farbigkeit überzieht das Papier, fein säuberlich mit Lineal und Zirkel ausgeführt – manches Mal wie hingehaucht. Doch bestechen sie in ihrer minuziösen Ausführung und Transparenz und faszinieren in ihrer konzeptuellen Anlage. Sie beschreiben ein hermetisches System religiös-kunstphilosophischer Weltzusammenhänge, welche die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits überschreiten. Doch bestechen sie in ihrer minuziösen Ausführung und Transparenz und faszinieren in ihrer konzeptuellen Anlage. Sie beschreiben ein hermetisches System religiös-kunstphilosophischer Weltzusammenhänge, welche die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits überschreiten.

Im Mittelpunkt von Hartls Bildwelt stehen seine Entwürfe des "harmonischen Bildes", welches den Himmel beschreibt, und des "disharmonischen Bildes" der Hölle. Dazu gehören auch die enigmatischen Darstellungen zum "Geisterspiel": Geisterhafte Vertreter der Teufels- oder Engelssphären erscheinen in einem Netz von Bleistiftfäden gefangen; technoid-mechanische Figuren, die er aus dem "harmonischen" sowie "disharmonischen Bild" ableitet. Dem Nachlass Hartls im Archiv der Zürcher Zentralbibliothek lässt sich entnehmen, dass das "Geisterspiel" als Bühnenwerk geplant war. Ganze Hefte füllt Franz Hartl mit Erläuterungen und Berechnungen seiner Kosmologie.

Doch muss er erleben, von seinen Mitmenschen verkannt zu werden. So schweigt der Einzelgänger und "Sonderling" bis zu seinem Tod. Das Werk Franz Hartls ist der Kunstwelt bis dato gänzlich unbekannt; ausgestellt oder besprochen wurden die Arbeiten bislang noch nie und auf dem Kunstmarkt sind sie ebenfalls nicht erhältlich.

Das Museum im Lagerhaus präsentiert der Öffentlichkeit damit eine wahre Neuentdeckung im Bereich der Outsider Art.

Franz Hartls Geisterspiel
17. März bis 5. Juli 2009