Gestochen scharf

Als soziale Codes sind sie fast so alt wie die Menschheit selbst: Tätowierungen. Vielfältige, über den ganzen Erdball verstreute Hinweise bekräftigen die Vermutung, dass sich die Sitte des Tätowierens seit dem 5. Jahrtausend vor Christus als Zeichen einer Gruppenzugehörigkeit oder als rituelles Symbol in den Völkern gänzlich unabhängig voneinander entwickelt hat. In manchen Kulturen erreichte die Kunst des unauslöschlichen Körperschmucks hohe Meisterschaft.

Im 19. Jahrhundert wurde das Tätowieren schließlich auch in Europa zu einem Massenphänomen. Doch bald wurden Tätowierte an den sozialen Rand gedrängt, als Verbrecher oder Degenerierte stigmatisiert. So erlebte die Tätowierung allein in den Gefängnissen eine Blütezeit bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst Jugendkulturen wie die Punks brachten das Tattoo seit den 1970er Jahren wieder zurück in die Öffentlichkeit und begründeten damit einen wachsenden Modetrend. Schon lange sind die Körperzeichnungen kein Phänomen der Unterschicht und Außenseiter mehr. Heute dienen Tattoos als Ausdrucksmöglichkeit für Exklusivität, Selbstdarstellung und Abgrenzung, als erotischer Reiz, Schmuck, Protestsymbol oder lebensanschauliche Stellungnahme.

Auch für viele Bildende Künstlerinnen und Künstler birgt die Unauslöschlichkeit der Tätowierung einen magischen Reiz. Die Haut des menschlichen oder tierischen Körpers wird zur Schreib- und Malfläche. So präsentiert diese Ausstellung einerseits künstlerische Auseinandersetzungen und Interpretationen zum Thema der letzten 50 Jahren bis in die Gegenwart. Andererseits zeigt sie anhand historischen Materials einen Rückblick in die Kulturgeschichte des Tattoos, um zugleich in einem Crossover auch die angewandte Kunst praktizierender Tätowierer vorzustellen.

KünstlerInnen: Daniele Buetti, Wim Delvoye, Chris Eckert, Valie Export, Flatz, Klaus Pichler, Fumie Sasabuchi, Frank Schäpel, Santiago Sierra, Timm Ulrichs, Huang Yan, Artur Zmijweski

Gestochen scharf
Tätowierung in der Kunst
24. März bis 28. Juli 2013