Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie

Wie und in welchem Zusammenhang wurden am Ende der Habsburgermonarchie Bilder von ethnischen Typen entworfen? Was erzählen uns Klassifizierungen wie ein "Tiroler Schütze" oder ein "huzulisches Ehepaar" in Tracht heute? Die Fotosammlung des Österreichischen Museums für Volkskunde enthält Tausende dieser typisierenden Menschendarstellungen. Diese Fotografien fanden weite Verbreitung in der Bevölkerung und bei TouristenInnen.

Sie gaben einem die Möglichkeit an die Hand, sich die "Anderen" im Bild vorzustellen. So konnte sich beispielsweise eine WienerIn vermeintlich ein Bild davon machen, wie jemand in Sarajewo aussah, ohne jemals dort gewesen zu sein. Die Ausstellung untersucht, wie diese Bildproduktionen ihre Wirkung vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Formierung der Nationalitäten in der Habsburgermonarchie entfalteten. Sie möchte den Blick für eine Reflexion darüber öffnen, wie Bilder unsere Sicht auf die Gegenwart und Vergangenheit steuern.

Die Ausstellung wird ausschließlich mit Exponaten aus der Fotosammlung des Volkskundemuseums bestritten, die sich damit erstmals in dieser Breite der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. Der Schwerpunkt liegt auf inszenierten Studioporträts von regionalen "Typen" vor allem aus Zentral- und Osteuropa. Die Bilder fanden Eingang sowohl in private Sammelalben wie in ethnografische und volkskundliche Publikationen. Darüber hinaus zeigt die Schau beispielsweise die lichtbildnerischen Ergebnisse anthropometrischer Messungen, die Reportagebilder des Wiener Kaiserhuldigungsfestzugs von 1908.

Es soll der spezifische Zirkulationsraum dieser Bilder ebenso skizziert werden wie die gesellschaftspolitische Rolle dieser fotografischen Kartografie des "einfachen" Volks. Beides hatte Teil an den Konstruktionen des "Eigenen" und "Anderen" in der Habsburgermonarchie. Die historischen Umgangsweisen mit diesen Bildern werfen aktuelle Fragen auf, wie Bilder die Wahrnehmung der Zeit, in der man lebt, und die kollektiven Geschichtserzählungen beeinflussen und formen.

Im Besondern will die Ausstellung die eminente Bedeutung von Bildern für Identitäts- und Nationalitätskonstruktionen hinterfragen, und zwar nicht nur im Sinne großer politischer Debatten, sondern auch hinsichtlich ihrer Einschreibung in ganz alltägliche Wahrnehmungen. Bilder sind trotz ihrer Eindrücklichkeit trügerisch und nie eindeutig.


Gestellt. Fotografie als Werkzeug in der Habsburgermonarchie
30. April bis 30. November 2014