Gerry Bibby & Juliette Blightman in der KUB Arena

Zwischen den Erwartungen und der Realität zeitgenössischer Kunst herrscht heute ein bemerkenswertes Missverhältnis. In einer kontinuierlich anwachsenden, beschleunigten Kunstwelt wird es für Künstler immer schwieriger, den Anforderungen, die an den Beruf gestellt werden, gerecht zu werden. Insbesondere Performancekunst erfährt seit einigen Jahren eine beträchtliche Aufmerksamkeit, doch dient diese zumeist eher dazu, den eventbasierten Kunstkonsum eines zunehmend erwartungsvollen Publikums endlos mit Nachschub zu beliefern.

Da das Programm der KUB Arena jedoch schon immer die Zielsetzung hatte, neue Ausstellungsformate zu erforschen und unverwechselbare Begegnungen mit zeitgenössischer Kunst zu ermöglichen, bilden zwei wegweisende Künstler, Gerry Bibby und Juliette Blightman, den Auftakt des Jahresprogramms 2014. Sie sind eingeladen, die Institution und ihre Gegebenheiten für ihre künstlerische Praxis nach eigenem Ermessen zu nutzen. Die KUB Arena fungiert als eine Art "Residency" für die beiden Künstler und wird somit nicht nur als Produktionsstätte, sondern auch als Plattform für Reflexion und Dialog aktiviert.

Der in Australien geborene und in Berlin lebende Gerry Bibby (geb. 1977) vermeidet in seiner künstlerischen Produktion bewusst jegliche Kategorisierung und erschließt dadurch noch unerforschtes Terrain. Er ist für Arbeiten bekannt, die aus komplexen und präzise kalkulierten skulpturalen Gesten entstehen, in die brillante Textelemente und sorgsam choreografierte und dennoch wild planlos erscheinende Performances eingebettet sind. Die besondere Mischung aus Skulptur, Poesie und Performance führt in Bibbys Praxis zu einer inspirierenden und erfindungsreichen Neudefinition des künstlerischen Prozesses – und zwar eines Prozesses, dem spielerische Subversion und strategische Projektionen komplexer kultureller Bezüge eingeschrieben sind.

Bibbys aktuelles Projekt ist ein fortlaufendes Auftragswerk für die in Amsterdam ansässige Organisation If I Can"t Dance, I Don"t Want To Be A Part of Your Revolution, die eng mit Künstlern und anderen internationalen Institutionen zusammenarbeitet. Sie ist für ihn ein Anlass, sein persönliches Verhältnis zum Schreiben, das schon immer ein wesentlicher Aspekt in seiner Praxis war, weiter zu vertiefen. Bibby wird somit eine bewusste Auszeit von seiner Arbeit mit Skulptur und Performance nehmen und für mehrere Monate nach Bregenz kommen, um die Arbeit an einem umfangreichen Manuskript fortzusetzen, an dem er zurzeit schreibt. Während seines Aufenthalts wird Bibby die KUB Arena als eine Art Lese- und Schreibsaal nutzen und eine Reihe von Veranstaltungen mit internationalen Gästen aus unterschiedlichen Bereichen der kulturellen Produktion durchführen.

Die Werke der in London lebenden Juliette Blightman (geb. 1980) entfalten sich häufig wie meditative, phänomenologische Erzählungen in Raum und Zeit, die – auf den ersten Blick – möglicherweise gar nicht real existieren. Blightmans Installationen, Performances, Zeichnungen und Filme, die mitunter ausgeprägt biografisch erscheinen, laden ihr Publikum zu einer beinahe filmischen Reise durch ein Glossar subtiler Gesten ein. Ursprünglich vom Medium Film kommend, wird Blightmans ephemeres Werk für gewöhnlich mit einem sensibilisierten Bewusstsein für Zeit erlebt.

Ihre Faszination für exakt festgelegte Zeitabschnitte motiviert ihre Produktion und definiert schlussendlich auch die Mitwirkung ihres Publikums am Werk selbst. Blightmans poetische Installationen widersetzen sich herkömmlich bekannten Ausstellungspraktiken und fordern eine besondere Art von Engagement ein – das Publikum wird intensiv in die Aktivierung von Raum und Zeit mit einbezogen. Im Rahmen ihrer "Residency" wird Blightman eine Reihe früherer Installationen in der KUB Arena zusammenbringen und direkt vor Ort ein neues Performancewerk entwickeln.

Gerry Bibby / Juliette Blightman
25. Januar bis 27. April 2014