Georges Seurat. Figur im Raum

Der französische Neoimpressionist Georges Seurat gilt heute als eine der Ikonen der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts und als wichtigster Vertreter des von ihm entwickelten Pointillismus. Er komponierte seine Werke akribisch aus zahllosen kleinen, nebeneinander angeordneten Farbtupfern, die, sobald sie sich auf der Netzhaut des Betrachters vermischen, einzigartige Farbwelten entstehen lassen.

Kein Bildthema vermag so viel über Seurats Kunst zu erzählen wie die Figur in der Landschaft. Hell-Dunkel-Kontraste umspielen und akzentuieren die Figuren und verleihen ihnen eine unwirkliche Präsenz. Die Ausstellung wird anhand der Figurenbilder von Seurat eine Schnittstelle in seinem Schaffen aufzeigen: Der Künstler orientierte sich an Gruppierungen wie der École de Barbizon, an Epochen wie der Renaissance oder an Künstlerkollegen wie Puvis de Chavannes, setzte die Sujets jedoch in einer neuen Maltechnik und in innovativen Kompositionen um. Damit ebnete Seurat den Weg der Impressionisten vom 19. ins 20. Jahrhundert und wurde für spätere Kunstschaffende zu einer wichtigen Inspirationsquelle.

Georges-Pierre Seurat wurde am 2. Dezember 1859 in der Rue de Bondy 60 in Paris geboren. Sein Vater war ein Gerichtsdiener im Ruhestand, der ein kleines Vermögen zusammengespart hatte. Er wohnte zurückgezogen in seinem Sommerhaus in Le Raincy und besuchte seine Familie nur einmal in der Woche. Die Mutter Georges Seurats, Ernestine Faivre, stammte aus einer Familie der wohlhabenden Pariser Mittelschicht. Zwischen 1869 und 1876 besuchte Seurat verschiedene Gymnasien, während der Regierung der Pariser Kommune vom 18. März bis zum 28. Mai 1871 verließ die Familie Seurat Paris und lebte in Fontainebleau.

Während der Schulzeit wurde er von seinem Onkel Paul Haumonté-Faivre, einem Textilhändler und Amateurmaler, in die Malerei eingeführt. 1875 bis 1877 nahm Georges Seurat zudem an von dem Bildhauer Justin Leqquien geleiteten Zeichenkursen einer städtischen Abendschule teil. Dort lernte Seurat Edmond Aman-Jean kennen, mit dem er Freundschaft schloss und im Februar 1878 an der École des Beaux-Arts aufgenommen wurde. Am 19. März 1878 trat Seurat in die Malklasse von Henri Lehmann, einem weniger bedeutenden Schüler von Jean-Auguste-Dominique Ingres, ein, wo er Ernest Laurent kennenlernte. 1879 verließ Georges Seurat die École des Beaux-Arts.

Seurat wendete sich zunehmend von den akademischen Idealen ab. Zusammen mit Edmond Aman Jean und Ernest Laurent mietete er ein Atelier in der Rue de l’arbalète. Zwischen November 1879 und November 1880 leistete Seurat seinen Militärdienst in Brest ab. Nach der Rückkehr aus Brest miete er einen Raum in der Rue de Chabrol, in dem er in der Folge seine Werke malte. Im Jahr 1881 unternahm Seurat zusammen mit Aman-Jean einige kleine Reisen in das Umland von Paris. Er setzte seine theoretischen Studien fort und sich mit der Farbenlehre von Ogden Nicholas Rood auseinander und beschäftigte sich mit den Werken Eugène Delacroix, der in der Saints-Agnes Kapelle von Saint-Sulpice Versuche mit dem System der Komplementärfarben gemacht hatte.

Georges Seurat war im Jahr 1883 erstmals und zum einzigen Mal im Pariser Salon vertreten. Dort wurde seine Zeichnung Porträt von Aman-Jean gezeigt. Im Folgejahr wurde das erste große Gemälde Seurats, Eine Badestelle bei Asnières vom Salon abgelehnt. Stattdessen wurde dieses Bild in der Ausstellung der Societé des Artistes Indépendants präsentiert. Dort lernte er Paul Signac kennen, mit dem ihn in der Folge eine Freundschaft verband. Im folgenden Jahr wurde er durch Signac in die künstlerische Avantgarde und den Kreis der symbolistischen Literaten eingeführt. Dabei war er im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern dieser Zeit nicht von einer großen Bewundererschar umgeben und beim Publikum besonders beliebt.

Am 2. Februar 1887 nahm Georges Seurat zusammen mit Signac an der Eröffnung der Ausstellung von Les Vingt teil. Dort war er mit sieben Gemälden vertreten. Im selben Jahr formierte sich die von Signac begründete Gruppe der Neoimpressionisten, in der unter anderem mit Charles Angrand, Maximilien Luce und Albert Dubois-Pillet neben Seurat Vertreter der pointillistischen Maltechnik waren. Im Januar 1888 stellte Georges Seurat neben seinen Künstlerfreunden in den Räumlichkeiten der von Fénéon geleiteten "Revue Indépendante" aus. Im Sommer reiste er an den Ärmelkanal. Dort fertigte er zahlreiche Seestücke an.

Am 29. März 1891 verstarb Georges Seurat in Folge einer infektiösen Angina. Zwei Tage später wurde er auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris beigesetzt.

Georges Seurat. Figur im Raum
4. Februar bis 9. Mai 2010