George Cukor: Hollywoods Frauenregisseur

Dass der am 7. Juli 1899 in New York geborene George Cukor vom Theater kam, sieht man seinen Filmen teilweise an, doch spritzige Dialoge und starke Schauspielerinnen machen das locker wett. Über 50 Jahre erstreckt sich seine Karriere und in der Geschliffenheit und Eleganz gelten seine Filme als Musterbeispiele des klassischen Hollywood-Kinos. Das Filmfestival Locarno widmet dem 1983 verstorbenen Regisseur seine heurige Retrospektive.

135 Frauen, aber kein Mann treten in Cukors 1939 gedrehtem "The Women" auf. Allgemein bekannt war seine Homosexualität, mit männlichen Schauspielern tat er sich schwer, bei "Gone with the Wind" wurde er vermutlich gekündigt, weil er mit Clark Gable nicht auskam.

Schauspielerinnen machte er dagegen zu Stars, entdeckte Katharine Hepburn für "A Bill of Divorcement" ("Eine Scheidung", 1932) ebenso wie 50 Jahre später Meg Ryan für "Rich and Famous" (1981), ließ Audrey Hepburn in "My Fair Lady" (1964) das Publikum bezaubern, verstand es Marilyn Monroe in "Let´s Make Love" (1960) in Szene zu setzen, verhalf Ingrid Bergman in "The House of Lady Alquist" (1942) zu einem Oscar wie Judy Garland in "A Star is Born" (1954) zu ihrer einzigen Oscar-Nominierung.

Cukors Filme ähneln seinem Leben. Wie er das elegante Leben mit geistreich-witzigen Gesprächen liebte und in seiner Villa am Rande von Beverly Hills stets Freunde um sich scharte, so spielen auch seine Filme vorwiegend in der gehobenen Gesellschaft, leben von geistreichem Witz, perfekter Ausstattung und vorzüglichen Darstellern.

Schon mit 20 wurde er Bühnenmanager einer Theatergruppe in Chicago, leitete bald darauf ein Theater in Rochester, New York, ehe er 1929 zunächst als Dialogregisseur nach Hollywood ging. Schon ein Jahr später übernahm er bei drei Filmen die Co-Regie und drehte 1931 mit "Tarnisched Lady" seinen ersten eigenen Film.

Beim Remake des Lubitsch-Stummfilms "One Hour With You" (1932), krachte er mit dem Meister zusammen, sodass er sich vor Fertigstellung des Films vom Projekt zurückzog. Obwohl er in den 30er Jahren mit "David Copperfield" (1935), "Romeo and Juliet" (1936) und "Camille" ("Die Kameliendame", 1937) mehrere Literaturverfilmungen drehte, war sein eigentliches Terrain die Screwball-Komödie.

Den für dieses Genre typischen selbstbewussten, oft auch zickigen und unruhgen Frauentyp schuf er schon in "A Bill of Divorcement", in dem er Katharine Hepburn, die so gar nicht dem Ideal einer Hollywood-Schönheit entsprach, in einer Hosenrolle auftreten ließ.

Einen Höhepunkt erreichte seine Karriere mit der Screwball-Komödie "The Philadelphia Story" ("Die Nacht vor der Hochzeit", 1938), in dem Katharine Hepburn zum zweiten Mal heiraten will, dabei aber entdeckt, dass sie ihren früheren Mann noch liebt. Hinreißende verbale Schlagabtausche liefern sich hier die Hepburn, Cary Grant und James Stewart, gleichzeitig kann der Film aber auch seine Herkunft von der Theaterbühne nicht verbergen.

Als "Frauenregisseur" bestätigte er sich mit "Susan and God" ("Susan und der liebe Gott", 1940) und "A Woman´s Face" (Die Frau mit der Narbe", 1941), mit denen die im Niedergang befindliche Karriere Joan Crawfords neuen Schwung erhielt, kein Erfolg war dagegen "Two Faced Woman" ("Die Frau mit den zwei Gesichtern", 1942), nach dem Greta Garbo ihre Karriere beendete.

Einen Klassiker schuf er dagegen mit dem atmosphärisch dichten Thriller "Gaslight" ("Das Haus der Lady Alquist", 1944), der wiederum auf einem Theaterstück beruhte und das Remake eines nur drei Jahre zuvor entstandenen britischen Films war.

Perfekte Partner fand Cukor im Schauspieler-Duo Katharine Hepburn und Spencer Tracy und dem Autorenpaar Garson Kanin und Ruth Gordon. Höchst vergnügliche Resultate dieser Zusammenarbeit sind die bissige Ehekomödie "Adam´s Rib" ("Ehekrieg", 1949) und der im Sportmilieu spielende "Pat and Mike" (1952), in denen lustvoll Geschlechterrollen auf die Schippe genommen werden.

Sein Meisterwerk aber schuf Cukor wohl mit der Neuverfilmung von "A Star Is Born" (1954), in dem nicht nur Judy Garland in einer an ihr eigenes Leben angelehnten Rolle brillierte, sondern auch James Mason eine seiner besten Leistungen zeigte. Meisterhaft arbeitete Cukor in diesem großen Melodram mit Farbfilm und Cinemascope, kritisierte einerseits Hollywood und demonstrierte gleichzeitig in der virtuosen Inszenierung die Möglichkeiten des Hollywoodkinos.

Mit diesem Film, in dem es um Aufstieg und Fall eines Musicalstars geht und die Musik folglich eine große Rolle spielt, entdeckte Cukor offensichtlich seine Lust am Musical. 1957 folgte in diesem Genre "Les Girls" und 1964 die Verfilmung des Broadway Musicals "My Fair Lady", die mit acht Oscars ausgezeichnet wurde und als Cukors berühmtester Film gelten darf. Mit dem von Audrey Hepburn gespielten Blumenmädchen Eliza Doolittle steht wie in vielen Filmen Cukors auch hier eine Frau im Mittelpunkt und wie viele Filme kommt auch hier die Vorlage vom Theater.

Aufgrund dieser Affinität zum Theater überraschen Cukors Filme auch weniger durch filmische Einfälle, sondern vertrauen vor allem auf ein starkes Drehbuch und exzellente Darsteller. Direkt vor der Kamera und nicht erst am Schneidetisch entstanden seine Filme.

Mit dem Niedergang des Klassischen Hollywood endete auch seine Karriere, dennoch arbeitete er weiter und drehte noch zwei Jahre vor seinem Tod im Jahre 1983 im Alter von 84 Jahren "Rich and Famous" (1981) – noch einmal ein "Frauendrama".

Trailer zu "A Star Is Born"