Gap in the Real

Mit der ersten Einzelausstellung von Bianca Brunner stellt das Bündner Kunstmuseum eine junge Künstlerin vor, die sich durch ihre eigenständige und erfrischende fotografische Arbeit auszeichnet. Als Preisträgerin des Manor-Kunstpreises Chur erhält Brunner neben der Museumspräsentation auch die Möglichkeit, erstmals ein Buch zu ihrem Schaffen zu publizieren. Der Manor-Kunstpreis ist einer der bedeutendsten Preise für junge KünstlerInnen, der in der Schweiz verliehen und entsprechend breit wahrgenommen wird.

Bianca Brunner (*1974 in Chur) hat nach ihrer Ausbildung in Graphik und Visual Design in Zürich, am London College of Communication den Bachelor in Fotografie absolviert. 2007 schloss sie ihr Masterstudium am Royal College of Art in London ab. Bereits 2005 wurde sie für die viel beachtete, vom Musée de l’Elysée organisierte Wanderausstellung "ReGeneration. 50 photographers of tomorrow" ausgewählt. In der kurzen Zeit ihres Schaffens war Brunner bereits an Ausstellungen in Grossbritannien, Italien, Belgien, Deutschland, Spanien, USA und China beteiligt. Neben einigen englischen Preisen (z.B. The Worshipful Company of Painter-Stainers Prize for Photography, London) wurde Brunner in der Schweiz 2008 von der Kulturförderung Graubünden ausgezeichnet.

Die Fotografien von Bianca Brunner zeigen Objekte und Szenerien, die so nicht in der Welt anzutreffen sind, es aber doch einmal gegeben haben muss. Die Fotos sind inszeniert und treiben ein subtiles Spiel mit einer entscheidenden Eigenschaft dieses Mediums: seiner Evidenz. Brunners Bilder bestechen überdies durch eine Präzision, die von der reduzierten Komposition bis zu den sorgfältigen Abzügen reicht und über die Authentizität der klassischen, analogen Fotografie verfügen. Trotz der objektivierenden Wiedergabe sind die dargestellten Objekte und Situationen aber schwer fassbar, da sie lediglich modellhaft auf die Wirklichkeit verweisen.

Die vermeintlich flächige Leerstelle in Bildern wie "Sky" erweisen sich als überbelichtete, dreidimensionale Formen, die an reale Behausungen erinnernden "Uninhabitable Objects" als rein fiktive Konstrukte. Brunners Bildfindungen beruhen jedoch stets auf Erinnerungen an alltäglich Wahrgenommenes, denen die Künstlerin über lange Zeit in prozesshaften Versuchsanordnungen nachspürt und deren Stimmung sie in ihren Fotografien widerhallen lässt. Auf diese Weise erzeugt sie in ihren eigenständigen Bildwelten einen spannungsvollen Zustand zwischen objektiver Abbildhaftigkeit und inszeniertem Konstrukt, zwischen Authentizität und Fiktion sowie zwischen dem dargestellten Gegenstand und seinem assoziativen Potenzial. Katharina Ammann

Publikation "Bianca Brunner. Gap in the Real", herausgegeben von Katharina Ammann, mit Beiträgen von Katharina Ammann, Brian Dillon und Tan Wälchli, Scheidegger & Spiess, Zürich, 2010, 80 Seiten, 26 Abbildungen, CHF 38.-.

Bianca Brunner - Gap in the Real

8. Oktober bis 21. November 2010