Funk schon mal an!

3. Oktober 2012 Rosemarie Schmitt
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Ich sag es Ihnen gleich: Nein, ich bin jetzt nicht verrückt geworden! Es ist keine Klassik und es ist keine Weltmusik (für diesen Begriff braucht es unbedingt eine treffendere Bezeichnung!). Es ist Jazz, es ist Funk-Jazz, und es ist irre! Die knapp 20 Musiker der isländischen Samúel Jón Samúelsson Big Band lassen es so richtig krachen, und zeigen dem isländischen Vulkan wie man anständigen Staub aufwirbelt!

Der Titel ihres neuen Albums: "Helvítis fokking fokk" (Label: Contemplate Music – Vertrieb Deutschland: EDEL Kultur), bedeutet in etwa "Hell Fucking Fuck". "Deutschlicher" möchte und muß ich ja wohl nun nicht mehr werden!

Ja, ich mag diese Musik! Oh doch, man kann sowohl Klassik, als auch "sowas" mögen. Der Organist der Samúel Jón Samúelsson Big Band zum Beispiel, gibt auch schon mal einen klassischen Schubert-Abend. Doch ich warne Sie! Die ersten 50 Sekunden dieser CD verlangen Ihnen einiges ab! Bleiben Sie stark und halten Sie durch, es lohnt sich! Nach 50 Sekunden Kakophonie in seiner reinsten Form wird das geschundene Ohr entlohnt mit ehrlichem, dynamischen, hin- und mitreißendem Funk! Ein schmutziges Funk-Gitarren-Lick, ein Schlagzeug und kraftvoll swingende, schneidige Bläser lassen die Highlife-Musik aus Ghana und die uptempo Rhythmen aus Nigeria zu einem außergewöhnlich irren Jazz verschmelzen. So war sie nun mal, die "Chicken Street" in Kabul, damals zur Hochzeit der Hippies.

Ein Titel der es mir ganz besonders angetan hat ist "Phobos & Deimos". Das sind die Namen der beiden Monde des Mars und sie bedeuten eigentlich "Furcht & Schrecken" – eigentlich. Denn auf beides wartet man bei diesem Track vergeblich. Eine unendlich sanft beginnende Querflöte läßt mutmaßen, daß es so dezent unmöglich weitergehen wird. Die durch diese Erwartung erzeugte Spannung hält sich bis zum Ende. Der Titel bleibt unglaublich harmonisch und melodisch. Für diese Band beinahe schon zu brav. Noch ruhiger wird es beim letzten Titel des Albums "Guô Blessi Ísland" (Gott schütze Island). Mit diesen Worten schloß der isländische Premierminister im Jahre 2008 seine Rede zur Insolvenz des Landes.

Guô Blessi Ísland und die Samúel Jón Samúelsson Big Band! Mit diesen Worten schließe ich für heute, der Rest gehört gehört, nicht gelesen!

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt