Fotos schreiben Kunstgeschichte

Bis 2. März 2008 zeigt das Düsseldorfer Museum Kunst Palast Aufnahmen aus dem Archiv künstlerischer Fotografie der rheinischen Kunstszene (AFORK). Das 2003 gegründete Archiv, das wesentlich von der Kunststiftung NRW gefördert wurde, konzentrierte sich zu Beginn der Sammeltätigkeit auf das Werk von drei renommierten Protagonisten der Ereignisfotografie: Benjamin Katz, Erika Kiffl und Manfred Leve.

Von Manfred Leve stammen zum Beispiel einfühlsame Fotodokumentationen herausragender Fluxus-Ereignisse der ersten Stunde, Benjamin Katz hat auf lebendige und persönliche Weise Künstlerfreunde bei der Arbeit, bei Ausstellungsaufbauten und in Phasen kreativer Entspannung lebendig festgehalten, Erika Kiffl zeigt Künstler in Raumsituationen: im Atelier oder beim Ausstellungsaufbau. Und sie dokumentiert "work in progress" – Prozesse.

Umfangreiche Konvolute der künstlerischen Fotografen Gianfranco Gorgoni, Maren Heyne, Bernd Jansen, Ute Klophaus, Reiner Ruthenbeck, Katharina Sieverding, Hildegard Weber, und Lothar Wolleh konnten im Verlauf der letzten Jahre für das Archiv erworben werden und bringen verschiedene Aspekte des höchst lebendigen Kunstgeschehens im Rheinland ins Bild. Das bisher einzigartige Archiv, das kontinuierlich zu einem komplexen Fundus weiter wachsen wird, entfaltet sich zu einem Atlas der Ereignisse, mit einem besonderen Fokus auf Nordrhein-Westfalen.

Hier gab es nach 1945 eine hohe Konzentration der künstlerischen Avantgarde. Die Kunstszene im Rheinland nach 1945 – v.a. in Düsseldorf und Köln, aber auch in Krefeld und Wuppertal und im Ruhrgebiet – war in ständiger Bewegung. Bestimmte Institutionen, Galerien, Ateliers und die Kunst-akademie wurden zu Schauplätzen von aufsehenerregenden Kunstereignissen. Seit der Gründung der Gruppe 53, über den Aufschwung der Kunstakademie, die Gründung neuer Avantgardegalerien wie Galerie 22, Galerie Der Spiegel, Parnass, Schmela, Fischer, dem Auftreten international renommierter Gruppen und Bewegungen wie Zero, Fluxus, Lidl, dem Kreis um Beuys, den Jungen Wilden gibt hier eine Künstlergeneration der anderen die Fackel der künstlerischen Fortentwicklung in die Hand.

Für Stephan von Wiese bildet das Archiv eine Art "Hafen für die Chronisten der Szene", die gesammelten Fotografien laden zu Reisen in die Vergangenheit ein. Denn viele der Aufnahmen zeigen und geben Zeugnis von Kunstaktionen, deren Wirkung an den Augenblick ihrer Realisierung gebunden war – Performances, beetween-Veranstaltungen aus der legendären Kunsthallen-Zeit sowie Fluxus-Happenings zum Beispiel von Beuys, Cage, Paik, Stockhausen oder Uecker.

Das Fotoarchiv hat die Besonderheit, dass es nicht bloß Dokumente sammelt, sondern auch nach dokumentierenden Fotografen forscht, die selber den Anforderungen der Kunst genügen. Zu diesen Fotografen gehören Jörg Boström, Anna Giese, Julia van Koolwijk, Jost Wischnewski und weiterer Fotografen zeigen, die nun im Archiv wie in der Ausstellung mit Arbeiten vertreten sind.


Katalog: Zur Ausstellung erscheint im DuMont-Verlag ein von Renate Buschmann und Stephan von Wiese herausgegebenes Buch mit 408 Seiten, 500 Duplex-Abbildungen und Texten von Renate Buschmann, Richard Demarco, Antje von Graevenitz, Jürgen Harten, Susanne Henle, Wulf Herzogenrath, Georg Imdahl, Barbara John, Ute Klophaus, Nam June Paik, Stefanie Poley, Susanne Rennert, Klaus Rinke, Anne Rodler, Anda Rottenberg, Reiner Speck, Hans Peter Thurn, Stephan von Wiese, Beat Wismer und Armin Zweite. Museumspreis: 29,50 Euro, Buchhandelspreis 39,50 Euro (ISBN 9783832190583)

Fotos schreiben Kunstgeschichte
8. Dezember 2007 bis 2. März 2008