Fortsetzung als Buch. Die Songyang Story

Jetzt als Publikation: Die "Rural Moves – The Songyang Story" wurde als Ausstellung vom Aedes Architecture Forum in Berlin entwickelt, wanderte ins Az W Architekturzentrum Wien und dann weiter ins Architekturzentrum Basel. Für das Buch wurden die aufsehenerregenden Projekte um einige vor kurzem fertiggestellte ergänzt und AutorInnen eingeladen, das Songyang-Phänomen aus sozialer, ökonomischer und ökologischer Sichtweise zu untersuchen.

Architektur als Akupunkturtherapie? Auf der Suche nach architektonischen wie räumlichen Modellen zum ländlichen ‚Upgrading‘, das auch für Europa Impulse geben könnte, trafen Hans-Jürgen Commerell und Kristin Feireiss auf die Story von Songyang. In dieser chinesischen Region mit mehr als 400 Dörfern setzte die Pekinger Architektin Xu Tiantian und ihr Büro DnA_Design and Architecture in Zusammenarbeit mit den Dorfgemeinschaften, der kommunalen Regierung und lokalen HandwerkerInnen mit unglaublich schönen Projekten in wenigen Jahren ein neues ‚rurales Selbstbewusstsein‘ in Gang. Songyang gilt als traditionell landwirtschaftlich geprägte Region mit sanften Hügeln, Reisfeldern und Teeplantagen. Mit minimalen Interventionen begannen Xu Tiantian und ihr Team die vorhandenen Ressourcen und oft schon vergessene handwerkliche Traditionen einzubinden, um zentrale Elemente der Dorfsubstanz sowie Dorfgeschichte zu bewahren und positive Zukunftsperspektiven für die kulturelle, soziale und ökonomische Entwicklung zu schaffen.

Das Buch erzählt die Geschichte von Songyang sehr eindrucksvoll. Ausgewählte Projekte werden im großformatigen Fotoessay aus zwei Distanzen betrachtet, einmal in der Landschaft, dann als Gesamtansicht und schließlich mit den Menschen, Situationen, die das Leben dort ausmachen. Kompakt wird auf einer Doppelseite mit informativem Kurztext und anschaulichen Plänen vermittelt, was man noch gerne darüber erfahren würde: Die ‚Brown Sugar Factory‘ beispielsweise, wird nur in den drei Wintermonaten für die Zuckerproduktion genutzt, das Gebäude steht die übrige Zeit der Dorfgemeinschaft zur Verfügung. Mit einem komplett transparenten Erdgeschoß verbinden sich nach dem Umbau die Arbeitszonen mit den Feldern und den dörflichen Strukturen. Dort treffen sich die Alten tagsüber zum Tee, abends werden Filme gezeigt, dann spielt wieder das lokale Puppentheater auf. Oder die Shimen-Brücke aus den 1950er-Jahren, die zwei Dörfer über den Songyin-Fluss verbindet und nach der Renovierung zum überdachten gemeinsamen Kulturraum wird. Oder das Dushan-Leisure-Center in Silingxia-Village, das sich im großen Bogen in die Landschaft integriert. Oder ein Bambus-Theater, bei dem die Architektin einen Low-Tech-Ansatz findet, nämlich das schnelle Wachstum und die Biegequalität des Materials. Einmal angelegt braucht die wachsende Kuppel wenig Pflege.

Wie wertvoll, dass es zu diesen Projekten eine ausführliche Publikation gibt: Bitte anschauen! Inspirieren lassen! Solche Projekte geben Optimismus, Mut und Hoffnung.

The Songyang Story
Architectural Acupuncture as Driver for Rural Revitalisation in China, Projects by Xu Tiantian, DnA_Beijing, Park Books, 2020, 272 Seiten, 139 farbige, 72 s/w Fotos und Pläne, EN, 38,00 EUR, ISBN 978-3-03860-186-9