Mit der Ausstellung „Fernheilung. Die 1980er- und frühen 1990er-Jahre im Zerrspiegel einer Sammlung” wirft die Angewandte einen Blick auf das künstlerische Geschehen in Wien in jenem Jahrzehnt, in dem ihre Sammlung gegründet wurde. Anhand von Werken aus dem Umfeld der damaligen Hochschule, von Dokumenten und ausgewählten Leihgaben entsteht ein Parcours, der wichtige Ereignisse der Kunstwelt, Ausstellungen, künstlerische Strömungen und Diskurse der Zeit in ihrem Zusammenhang erkennbar macht. Dabei werden die Praktiken von Lehrenden und Studierenden im Kontext des Ausstellungsgeschehens in Wien ebenso verortet wie in den internationalen Tendenzen der Zeit.
Die 1980 von Oswald Oberhuber, dem damaligen Rektor, gegründete Sammlung der Universität für angewandte Kunst Wien versuchte von Beginn an, sich selbst in ihrer historischen Bedingtheit zu begreifen. Zwar wird nach Lust und Laune gesammelt, jedoch mit einem programmatischen Anspruch, der in Ausstellungen auch öffentlich zugänglich gemacht wird. Das Programm zielt zunächst darauf ab, den Kanon des 20. Jahrhunderts neu zu ordnen und zu bewerten. Außerdem befasst es sich mit der in Österreich erst sehr spät beginnenden Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Schließlich versucht es, das aktuelle Zeit- und Schulgeschehen (kunst-)historisch abzubilden.
Die Ausstellung „Fernheilung” knüpft an diese Programmatik an, indem sie die Logik der Sammlung aufgreift: in der Art und Weise, wie sie den Sammlungskörper beschreibt, Akzente setzt, Korrekturen vornimmt und neue Kontextualisierungen erstellt. Die Sammlung der Angewandten bleibt sich treu, indem sie sich verändert. Somit entwirft die Ausstellung ein Bild der Sammlung, das gleichzeitig geschichtlich und gegenwärtig ist. Durch unterschiedliche, einander widerstrebende, ja widerstreitende Register von Zeitgenossenschaft wird dieses Bild zum notwendig verzerrten Spiegelbild je eigener Blickregime, Wertformen und Betrachtungsweisen.
Entlang paradigmatischer Ausstellungen und Veranstaltungen wie „Design ist unsichtbar” (Forum Design, Linz 1980), „Zeichen, Fluten, Signale” (Galerie Nächst St. Stephan, Wien 1984) oder „Traum und Wirklichkeit. Wien 1870–1930” (Künstlerhaus Wien, 1985), „Wittgenstein. Das Spiel des Unsagbaren“ (Secession, Wien 1989) oder dem Symposium „Das ästhetische Feld“ (Angewandte, Wien 1992) werden Entwicklungen wie die Kanonisierung der frühen Wiener Moderne und die späte Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit thematisiert. Die Ausstellung beleuchtet die gescheiterte Institutionalisierung von Praktiken der 1960er- und 1970er-Jahre an der Hochschule sowie Medienkunst und Neo-Geo und ihre Hinwendung zur Institutional Critique. Nachgezeichnet werden auch die intergenerationellen Kampfzonen und der lange Weg zur Internationalisierung des Kunstfeldes im Kontext der Angewandten.
Die Bestände der Kunstsammlung der Angewandten umfassen heute zahlreiche Objekte aus allen Bereichen der angewandten und bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, insbesondere der Wiener Moderne. Dazu gehören Grafiken, Plakate, Möbel, Textilien, Fotografien, Keramiken, Gemälde, Objekte und Architekturmodelle von Fred Adlmüller, Friedrich Berzeviczy-Pallavicini, Friedl Dicker-Brandeis, Josef Hoffmann, Oskar Kokoschka, Anton Kolig, Maria Lassnig, Victor J. Papanek, Margarete Schütte-Lihotzky, Peter Weibel, der Wiener Werkstätte und des Wiener Kinetismus sowie barocke und hausindustrielle Textilien aus historischen Lehrmittelsammlungen u. a.
Fernheilung. Die 1980er und frühen 1990er-Jahre im Zerrspiegel einer Sammlung
16. Oktober 2025 bis 31. Jänner 2026