Feministische Avantgarde der 1970er Jahre

Mit Werken von mehr als 30 Künstlerinnen zeigt die Hamburger Kunsthalle in einer umfassenden Ausstellung einen Überblick über die Anfänge der internationalen feministischen Kunstbewegung. Anhand von über 150 Arbeiten aus der Sammlung Verbund, Wien zeigt die Ausstellung, wie Künstlerinnen in den 1970er Jahren zum ersten Mal in der Kunstgeschichte kollektiv ein eigenes "Bild der Frau" kreieren. Um die Pionierleistung der Künstlerinnen hervorzuheben, hat die Kuratorin Gabriele Schor den Begriff der "Feministischen Avantgarde" geprägt.

Erstmals war es den in den Kriegs- und Nachkriegsjahren geborenen Künstlerinnen möglich in nennenswerter Zahl an den Akademien zu studieren und sich damit von der Rolle der Muse und des Modells zu emanzipieren. In ihren Werken stellen sie radikal neue Fragen an die Gesellschaft und den Kunstbetrieb. Vor dem Hintergrund von Bürgerrechts- und Frauenbewegung werden Anliegen von Frauen erstmals öffentlich diskutiert; das Private bekommt politische Bedeutung. Innerhalb kürzester Zeit beginnen Frauen sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen, versammeln sich zu Aktionen, halten Demonstrationen ab und organisieren eigene Ausstellungen. In ihren Werken gehen die Künstlerinnen der "Feministischen Avantgarde" der Frage nach, wie das traditionelle "Bild der Frau" die Wahrnehmung der Frau sowie die Konstituierung der eigenen Identität in unserer Gesellschaft bestimmt. Dabei stehen Themen wie eindimensionale Rollenzuweisungen als Mutter, Haus- und Ehefrau, weibliche Sexualität, der eigene Körper, Schönheit und Gewalt gegen Frauen im Fokus.

Viele Künstlerinnen eint die Ablehnung stereotyper Rollenbilder. Martha Rosler (*1943) etwa überzeichnet die Rolle der für Heim und Herd verantwortlichen Frau. Birgit Jürgenssen (*1949) hängt sich einen Herd wie eine Küchenschürze um. Es ist das Spiel mit der Kamera, die Maskerade und das Kostüm als Mittel der Selbstdarstellung, mit denen die Künstlerinnen Vorstellungen von Identität und Weiblichkeit als gesellschaftliches Konstrukt hinterfragen. Cindy Sherman (*1954), Hannah Wilke (*1940) und Martha Wilson (*1947) nehmen für ihre Photographien verschiedenste Rollen ein, untersuchen alltägliche und historische Klischees. Ähnlich Lynn Hershman-Leeson (*1941), die mit "Roberta Breitmore" eine fiktive Person kreiert, die sie über Jahre hinweg lebt. Rita Myers (*1947), Ewa Partum (*1945) und Suzy Lake (*1947) befragen dagegen in ihren Arbeiten Ideale von Schönheit und Makellosigkeit.

Zahlreiche Künstlerinnen wenden sich ganz bewusst neuen, historisch unbelasteten Medien wie Photographie, Film und Video zu, nutzen die Performance als künstlerisches Ausdrucksmittel. Valie Export (*1940) etwa lädt auf dem Münchner Stachus Passanten ein, ihr Tapp- und Tastkino zu besuchen, was bedeutete, dass diese ihre Hände in einen Kasten stecken konnten, den die Künstlerin vor ihrem nackten Oberkörper trug. Oftmals ist es der eigene Körper, der zum Material der Kunst wird, dabei gehen einige Künstlerinnen bis an die Grenzen körperlicher Belastbarkeit, darunter Ana Mendieta (1948–1985) oder Gina Pane (1939–1990). Humorvoll und ironisch, subtil und provozierend dekonstruieren die Künstlerinnen der "Feministischen Avantgarde" die traditionelle Ikonographie des Weiblichen.

Während Valie Export, Cindy Sherman oder Martha Rosler einem breiten Publikum bekannt sind, liegt das Besondere der Ausstellung in der Möglichkeit weitere bedeutende, bislang weniger bekannte Vertreterinnen der "Feministischen Avantgarde" zu entdecken.


Feministische Avantgarde der 1970er Jahre
Werke aus der Sammlung Verbund, Wien
13. März bis 31. Mai 2015