Fallingwater - A dream comes true

Die Hochzeit meines Sohnes. Eine einzigartige Gelegenheit, das absolute Sehnsuchtsprojekt – die Architekturikone – endlich zu erreichen. Frank Lloyd Wrights "Fallingwater". Gute Miene bedingt schon der Anlass, also sehr naheliegend, mit dem Ex-Gatten das Auto auszuleihen, um nach Mill Run, Pennsylvania, zu pilgern. Über das Procedere zu Anmeldung und Zeitfenster finde ich alles heraus, doch dass "Kentuck Knob“ – ein weiteres vom Meister 1953 geplantes Privathaus – fünf Meilen entfernt liegt, er. Macht nichts, wenn der Highway nach Baltimore eingeschlagen wird, obwohl wir doch über Amish-Land fahren wollten, macht nichts, wenn alle ach so gern vergessenen Verhaltensmuster hervorstechen, sie hatten ja zehn Jahre Zeit korrekturlos zu wachsen.

Der Schranken zum Parkplatz des Architekturmuseums hebt sich erst mit Durchsage des Ticketcodes. Doch dann ist Bear Run bis zum gebuchten Time-Slot uneingeschränktes Entdeckungsland. Seit 1964 zählt man hier fünf Millionen BesucherInnen. Kurze Orientierung wo unsere einstündige Führung durchs Haus losstarten wird und Staunen über die Logistik. Andächtig wandelt schlussendlich die kleine Gruppe den Weg hinan und erst kurz vor der Brücke erscheint das Meisterwerk: Roher Sandstein, Glas – zart und ausgewogen gefasst in Cherokee-roten Stahlprofilen – und hell-ocker eingefärbter Beton, den sich F.L. Wright auch Blattgold-überzogen hätte vorstellen können. Mit kühnen Auskragungen – Linien, rigoros in zwei Stunden gezeichnet, nachdem sich der Meister ein Jahr Zeit gelassen hatte, so geht die Mär – steht es da. Harmonie, Ruhe und Einklang von Wald, Fluss, Stein.

"Ich möchte, dass Sie mit dem Wasserfall leben, nicht, dass Sie ihn bloß anschauen. Er soll Bestandteil Ihres Lebens werden", berichtigte der Architekt die Vorstellungen des Bauherren. Panta rhei. Raumsequenzen, Treppenläufe, die eine Stufe endet knapp über dem Wasser, es fließt innen nach außen und außen nach innen. Die Vielschichtigkeit der Details, Möbel aus Nussholz, eingebaut und "client-proof", Textilien und Farben, alles original, der druchlaufende Steinboden, die Kaminplätze, und plötzlich stehe ich ganz alleine in diesem einzigartigen, unbeschreiblichen Wohnraum. Overwhelmed. Zutiefst gerührt.

Schweigsam auf der Heimfahrt, achtend darauf, dass der andere den Nachklang nicht stört. Die Option zum gemeinsamen Ausflug nach Rehoboth Beach am nächsten Tag wird aber verworfen.

"PS: Architektur" heisst die monatliche Kolumne von Martina Pfeifer Steiner. Die Architekturpublizistin, Journalistin und Reisende teilt auf Kultur-Online ihre Betrachtungen zur und ihre Begeisterung für Architektur.