Ernst Ludwig Kirchner und die Kunst Kameruns

Gleichzeitig mit der Ausstellung "Kamerun – Kunst der Könige" zeigt das Museum Rietberg in Zürich vom 3. Februar bis 25. Mai 2008 eine Sonderschau zu Ernst Ludwig Kirchner und den Einfluss der Kunst Kameruns auf sein Schaffen. Ernst Ludwig Kirchner (1882–1938) gründete 1905 in Dresden zusammen mit Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl die Künstlergruppe "Brücke". Sie waren entschlossen, außerhalb der akademischen Regeln und Traditionen "unmittelbar und unverfälscht" neue Wege künstlerischen Ausdrucks zu finden. In der Kunst der so genannten "Naturvölker" fanden sie eine wichtige Anregung.

In den entscheidenden Jahren ihrer ersten künstlerischen Orientierung haben die jungen Künstler zwischen 1907 und 1910 die "exotischen" Sammlungen in den Völkerkundemuseen von Dresden und Berlin besucht. Zeugnisse dieser ersten Begegnungen mit dem "Fremden" finden wir heute in Kirchners Skizzenbüchern dieser Zeit (heute im Kirchner Museum Davos). Kirchner selbst besass damals einen Hocker aus der Grasland-Region Kameruns, dem man auf vielen seiner Werke begegnet. Er war ein zentraler Bestandteil seiner künstlerisch ausgestalteten Wohn- und Atelierräume. Der von einem Leoparden gestützte Hocker befindet sich heute im Bündner Kunstmuseum Chur. Er ist ein wichtiges Zeugnis der konkreten Anregungen, die die afrikanische Kunst dem Werk eines großen europäischen Expressionisten vermittelt hat.

Kirchner selbst hat immer wieder hervorgehoben, welch hohe Bedeutung die Skulptur in seinem eigenen Werk hatte und wie wichtig ihm darin das Vorbild der "Negerplastik" (Titel eines berühmten Buches von Carl Einstein aus dem Jahre 1915) war. Seit den frühsten Jahren der "Brücke" schnitzte er Skulpturen und vielerlei figürlich gestaltete Gebrauchsgegenstände aus Holz wie Schalen, Stühle oder – als eines seiner berühmtesten Werke dieser Art – das Bett für seine Frau Erna (heute im Kirchner Museum Davos), die unübersehbar an jene Skulpturen aus Kamerun erinnern, denen er in den völkerkundlichen Sammlungen begegnet war. In den 1920er Jahren schnitzte er Verandapfosten für sein Haus auf dem Wildboden bei Davos (heute verloren), die deutlich den Palastpfosten der Königspaläste aus dem Kameruner Grasland nachempfunden sind.

In der kleinen Sonderausstellung geht es nicht darum, einen grossen Meister der Moderne zu feiern, indem man ihm exotische Masken und Figuren beistellt, sondern vor dem Hintergrund einer Ausstellung, die mit mehr als 150 Werken eine der grossen Kunstregionen Afrikas feiert, die Umsetzung sichtbar zu machen, die diese Kunst im Werke Ernst Ludwig Kirchners erlebt hat. Die Leihgaben – Zeichnungen, Skulpturen und grafische Arbeiten von Kirchner sowie Skulpturen aus Kamerun – stammen aus renommierten Museen in Deutschland und der Schweiz und aus Privatsammlungen. Ihnen werden Werke afrikanischer Meister aus deutschen und schweizerischen Völkerkundemuseen sowie historische Fotografien gegenübergestellt.


Ernst Ludwig Kirchner und die Kunst Kameruns
3. Februar bis 25. Mai 2008