Ernst Ludwig Kirchner – Ausdruck in Linie und Farbe

Die Herbstausstellung 2025 im Kirchner Museum Davos lädt zu einer intensiven Begegnung mit dem Werk von Ernst Ludwig Kirchner ein. Dabei liegt der Fokus nicht auf den bekannten großen und bekannten Ölgemälden. Die Ausstellung „Ausdruck in Linie und Farbe” offenbart die unmittelbare Kraft seiner Zeichnungen und Aquarelle.

Mehr als 180 ausgewählte Arbeiten, ergänzt durch Leihgaben aus privaten Sammlungen und von der Galerie Iris Wazzau, zeigen Kirchner von seiner persönlichsten Seite: spontan, unmittelbar und voller Energie. Jeder Strich, jeder Farbauftrag erzählt von der Leidenschaft, mit der er seine Umwelt erfasste – ob in dynamischen Skizzen, die Bewegungen wie eingefrorene Augenblicke festhalten, oder in leuchtenden Aquarellen, in denen Farbe und Licht in vibrierendem Einklang verschmelzen.

Während seine expressionistischen Ölgemälde von Wucht und pastoser Farbfülle geprägt sind, offenbaren die Aquarelle eine ganz andere Seite: Transparenz, Zartheit und eine leuchtende Farbigkeit, die Kirchners Werk eine fast poetische Dimension verleihen. Das Aquarell, oft unterschätzt, wird hier zum Schlüssel seiner künstlerischen Suche – ein Medium, das Stimmungen und Emotionen mit besonderer Unmittelbarkeit transportiert. Kirchner verwandelt das Flüchtige in Konstantes, das Alltägliche in Kunst. So entsteht ein vielschichtiger Blick auf einen Künstler, der in der Linie wie in der Farbe unerschöpfliche Ausdrucksmöglichkeiten fand.

Ernst Ludwig Kirchner wurde am 6. Mai 1880 in Aschaffenburg geboren. Nach seinem Abitur begann er im Jahr 1901 ein Architekturstudium in Dresden. In dieser Zeit entstanden Kirchners erste Gemälde. Im Juni 1905 gründete er gemeinsam mit seinen Kommilitonen Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff die Künstlergemeinschaft Brücke. 1906 veröffentlichte die Brücke ihr Programm in einem Holzschnitt Kirchners. Kirchner fertigte nun auch die ersten plastischen Arbeiten und zahlreiche Druckgrafiken an. Dabei standen für ihn das Experiment mit Technik und Farbe im Vordergrund.
1912 lernte er in Berlin seine Lebensgefährtin Erna Schilling kennen. Im Jahr darauf löste sich die Brücke nach Differenzen über Kirchners Chronik der Brücke auf.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs meldete sich Kirchner trotz vorheriger Ängste freiwillig zum Kriegsdienst. Er wurde jedoch bald aufgrund seiner schlechten psychischen Verfassung entlassen und für dienstunfähig erklärt. Nach Aufenthalten in verschiedenen Sanatorien in Deutschland und der Schweiz führte ihn die Suche nach Heilung 1917 erstmals nach Davos. Bereits ein Jahr später bezog er das Bauernhaus „In den Lärchen“ und 1923 gemeinsam mit Erna den „Wildboden“. In dieser Zeit fertigte er skulpturale Möbel und begann, das umliegende Alpenpanorama in farbenprächtigen Gemälden festzuhalten. Sein sogenannter Neuer Stil ist geprägt von einer abstrahierten Formensprache, konturierten Farbflächen und leuchtenden Kontrasten.

Kirchner litt unter der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und der Diffamierung seiner als „entartet“ bezeichneten Kunst. Er fürchtete einen Einmarsch der Wehrmacht in Graubünden und begann, seine Gemälde zu übermalen und Skulpturen sowie Druckstöcke zu zerstören. Am 15. Juni 1938 erschoss sich der erneut von Krankheit gezeichnete Künstler unweit seines Hauses.

Ausdruck in Linie und Farbe.
Zeichnungen und Aquarelle von Ernst Ludwig Kirchner
Bis 4. Januar 2026