Erdbebenzone und gesellschaftlicher Aufbruch: San Francisco im Film

Mit Golden Gate Bridge, den steilen Hügeln und Cable Cars ist das Stadtbild von San Francisco unverwechselbar. Außer New York und Los Angeles diente wohl keine andere amerikanische Großstadt so oft als Filmkulisse wie die Westküstenmetropole. Aus Anlass der zehnjährigen Städtepartnerschaft mit Zürich widmet das Filmpodium Zürich der Schwesterstadt eine Filmreihe.

Die amerikanische Westküste wurde zwar schon von Francis Drake im 16. Jahrhundert abgefahren, doch die schwer zu findende Einfahrt zur Bucht wurde erst 1775 von den Spaniern entdeckt. Ein Jahr später gründeten Soldaten und Missionare dort die Kirche Mission Dolores sowie in den folgenden Jahren eine Stadt, die sie zum Gedenken an den Heiligen Franz von Assisi San Francisco de Asis nannten.

Nach dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg kam San Francisco 1846 in den Besitz der USA und erlebte durch den 1848 beginnenden Goldrausch in Kalifornien einen ersten großen Aufschwung: Die Bevölkerungszahl schnellte von 900 auf 20.000 hinauf. Luis Trenker verarbeitete diese Ereignisse filmisch 1936 in "Der Kaiser von Kalifornien". Auch Robert Parrish ließ seinen Western "The San Francisco Story" (1952) in dieser Zeit spielen und schildert den moralischen Verfall durch die Goldgier.

Der Boom hielt aber nicht lange an und erst eine Naturkatastrophe katapultierte die – wie die ganze amerikanische Westküste - an der San Andreas-Verwerfung gelegene Stadt 1906 wieder in die Schlagzeilen: Ein Erdbeben und die anschließenden Feuersbrünste forderten je nach Angaben mehrere Hundert oder sogar 3000 Todesopfer und zerstörten zahlreiche Gebäude. Dieses Ereignis wurde nicht nur filmisch dokumentiert, sondern auch 30 Jahre später von William S. Van Dyke in dem Katastrophenfilm "San Francisco" (1936) mit den Stars Clark Gable und Spencer Tracy in den Hauptrollen effektvoll in Szene gesetzt.

Im Kino freilich bedrohten nicht nur Erdbeben die Stadt, sondern hier spielte auch John Guillermins Katastrophenfilms "The Towering Inferno" (1974), in dem Sparmaßnahmen beim Bau eines Wolkenkratzers zu einem Brandinferno führen. Und zuletzt legten die Monster in Gareth Edwards "Godzilla" (2014) die Stadt in Schutt und Asche.

War der Hauptschauplatz für den Film noir auch Los Angeles, so spielte doch ein Teil von Jacques Tourneurs Meisterwerk "Out of the Past" (1946) in San Francisco. Der düstere Film bot freilich keine Gelegenheit, um die pittoresken Schönheiten dieser europäischsten aller amerikanischen Städte ins Bild zu rücken.

Dies holte Alfred Hitchcock in "Vertigo" (1958) nach, in dem James Stewart Kim Novak durch die Stadt verfolgen durfte. An der Golden Gate Bridge wurde ebenso gedreht wie bei der Mission Dolores und im Muir Woods National Monument. 19 Mal habe er diesen Film gesehen, sagt Chris Marker in seinem Essayfilm "Sans Soleil" (1983) und erzählt von einer Wallfahrt zu den Drehorten und Schauplätzen von Hitchcocks Meisterwerk.

Höchst sinnlich vermittelte dann Peter Yates Krimi "Bullitt" (1968) wie es auf den Straßen von San Francisco auf und ab geht. Klassische Sehenswürdigkeiten wie die Golden Gate Bridge, den Coit Tower oder Fishermans´ Wharf bekommt man hier nicht zu Gesicht, dafür jagt Steve McQueen in seinem Ford Mustang zuerst über die steilen Hügel und dann ins Umland. Manchen Haken schlug McQueen dabei in der am Reißbrett entworfenen Stadt mit ihren schnurgeraden Straßen, durch die bis zu 27% steile Lombard Street mit ihren engen Serpentinen ging die zehnminütige dialoglose Verfolgung aber doch nicht.

Sehr rasant fährt diese legendäre Straße aber im gleichen Jahr der weiße VW-Käfer in der Komödie "Ein toller Käfer" (Robert Stevenson, 1968) runter. Aber auch Peter Bogdanovich benutzte für seine Komödie "Is was Doc?" (1972), eine mit Filmzitaten gespickte Variation von Howard Hawks´ klassischer Komödie "Bringing up Baby" (1938), die 800.000 Einwohner-Stadt als Schauplatz. Vor allem aber dürfte die legendäre Krimiserie "Die Straßen von San Francisco" weltweit das Bild dieser so pittoresken Metropole, die freilich im Sommer oft nebelverhangen und ungemütlich kalt sein kann, geprägt haben.

Aber nicht nur die Sehenswürdigkeiten, sondern auch die gesellschaftlichen Entwicklungen in dieser Stadt, die als die liberalste der USA gilt, lockten immer wieder Filmemacher an: Im Bezirk Haight Ashbury blühte in den 1950er Jahre die Gegenkultur der Beatniks und Ende der 1960er Jahre die Hippiebewegung auf. Harvey Milk wurde 1977 zum ersten schwulen Stadtrat in den USA gewählt, aber nur ein Jahr später von einem frustrierten Lokalpolitiker erschossen.

Auch diese gesellschaftlichen Kämpfe und Entwicklungen griff das Kino auf: Rob Epstein zeichnete in dem oscarprämierten "The Times of Harvey Milk" (1984) das Leben des schwulen Bürgerrechtlers dokumentarisch nach, Gus Van Sant schilderte in "Milk" (2008) mit einem großartigen und für seine Leistung mit dem Oscar ausgezeichneten Sean Penn in der Hauptrolle mit den Mitteln des Spielfilms mitreißend Milks Entwicklung. Und auch an die Beatnik-Generation erinnerte Epstein zusammen mit Jeffrey Friedman in dem experimentellen dokumentarischen Spielfilm "Howl" (2010).

Auch in San Francisco spielen im Prinzip die Filme, die das berüchtigte Gefängnis der in der Bay gelegenen Insel Alcatraz zum Schauplatz haben. Von John Frankenheimers "The Birdman of Alcatraz" (19629 über Don Siegels "Escape from Alcatraz" (1979) bis zu Michael Bays "The Rock" (1996) reicht hier die Palette. Doch da diese Filme weitgehend an diesem abgeschlossenen Ort spielen und die Stadt an sich kaum ins Blickfeld rückt, können sie kaum zu den "San Francisco-Filmen" gezählt werden.

Dokumentation zu "San-Francisco-Filmen" (6 min)