Endstation Sinai

28. November 2011 Kurt Bracharz
Bildteil

Vor fünf Jahren erregte der türkische Film "Tal der Wölfe – Irak" die Gemüter deutscher Kritiker, weil diese bis dahin teuerste türkische Filmproduktion nicht nur extrem nationalistisch war, sondern auch einen jüdisch-amerikanischen Arzt zeigte, der Muslimen Organe entnahm und diese nach Tel Aviv, London und New York verschickte. Es lag nahe, darin die alten antisemitischen Ritualmordlegenden wie zum Beispiel das Tiroler Anderl von Rinn in modernem Gewande wiederzuerkennen.

Im Oktober 2011 wurde in New York der Organhändler Levy Itzchak Rosenbaum schuldig gesprochen, der in Israel für 10.000 Dollar gekaufte Nieren in New Jersey für 120.000 Dollar verkauft hatte. Der Schuldspruch erfolgte nicht wegen Wuchers, sondern wegen illegalen Organhandels – weltweit ist nur im Iran der Verkauf der eigenen Niere legal.

Der aktuellste Fall von einschlägiger Schwerstkriminalität spielt sich zwar in unmittelbarer Nähe der israelischen Grenze ab, nämlich im rechtsfreien ägpytischen Sinai, ist aber eine rein arabische Angelegenheit. Dort betreiben einzelne Beduinenstämme Menschenhandel mit Flüchtlingen aus dem Sudan und aus Eritrea, welche Schleusern hohe Summen für die Flucht nach Israel gezahlt haben, aber von diesen im Sinai an kriminelle Beduinenstämme verkauft werden. Letztere versuchen, den Flüchtlingen weiteres Geld abzupressen, und wenn das nicht gelingt, reisen ägyptische Ärzte aus dem 300 Kilometer entfernten Kairo mit Operationsbesteck und Kühlboxen an, welche jungen und relativ gesunden Flüchtlingen Organe wie Nieren und Lebern entnehmen und die Operationswunden nur flüchtig vernähen.

Die Tageszeitung "Die Welt" vom 19. November zitierte den früheren Chef der Rechtsmedizin in Kairo, Fakhri Saleh: "Die Ärzte schneiden dich auf, und dann nehmen sie sich, was sie brauchen. Dann lassen sie dich sterben." CNN International zeigte die Dokumentation "Death in the Desert", zu der auch Beduinenstämme, die nicht mit ersteren verwechselt werden möchten, Informationen beigetragen hatten.