Elliott Erwitt. Paris

Fotografien eines Amerikaners in Paris zeigt die Leica Galerie Wien ab 23. September 2015: Elliott Erwitt (*1928), Fotografenlegende, Magnum-Urgestein und Meister des hintersinnigen Humors. Erwitt wurde in Paris geboren, seine Kindheit allerdings verbrachte er in Italien bevor er 1939 mit den Eltern in die USA auswanderte. In die Metropole an der Seine, Schauplatz einiger seiner ersten fotografischen Streifzüge in den 1940er Jahren und Gründungssitz der Agentur Magnum, kehrt der leidenschaftliche Kosmopolit immer wieder zurück – stets mit dabei seine Leica.

Einen Erwitt erkennt man unter hunderten Aufnahmen. Seine Arbeiten zeichnet ein scharfzüngiger, dabei immer warmherziger Humor aus, der in der Fotogeschichte seinesgleichen sucht. Erwitts Bilder scheinen uns beharrlich zuzuzwinkern, sie machen den Betrachter zum Komplizen oder stoßen ihn auf die eigene Eitelkeit. Es ist diese charakteristische Sicht der Dinge, die sowohl Erwitts Auftragsarbeiten wie auch seine freie Fotografie geprägt hat. In seinen politischen Reportagen sorgt sie für den menschlichen Maßstab, seinen Alltagsbeobachtungen verleiht sie eine Tiefe, die weit über den stets auf den Punkt getroffenen Moment hinausreicht.

Paris nähert sich Erwitt mit den Augen des Flaneurs. Sein Paris ist die Stadt der Boulevards und Straßencafés, der Jardins und Cabarets. So schreibt er den Mythos der Metropole fort, dank seines unnachahmlichen Gespürs für das Besondere im Alltäglichen erscheint es, als durchstreife man die Stadt zum ersten Mal. Mit dem eleganten Humor eines Jacques Tati erzählt jede Fotografie ein Kapitel der menschlichen Komödie, sei es das Bild eines Paars im Louvre bei der innigen Begegnung mit einem steinernen Koloss, die Silhouette eines Tänzers am Trocadéro, oder die Aufnahmen der Pariser Straßenhunde, die sich ganz nonchalant unter die Bevölkerung der Stadt mischen. Die Ausstellung vereint rund 40 Fotografien aus einem Zeitraum von nicht weniger als sieben Jahrzehnten und ist so nicht nur eine Hommage an die Stadt der Liebe sondern steht stellvertretend für das beeindruckende Lebenswerk eines der ganz Großen der Zunft.

Elliott Erwitt wurde 1928 als Sohn russischer Emigranten in Paris geboren und wuchs in Mailand auf. 1939 flüchtete die Familie vor dem Nationalsozialismus in die USA, lebte kurzzeitig in New York und zog 1941 nach LA. In Hollywood fand der 15-jährige Erwitt seine erste Anstellung in einem kommerziellen Fotostudio, wo er in der Dunkelkammer Kontaktabzüge von Stars und Starlets der Traumfabrik anfertigte. 1946 siedelte Erwitt zurück an die Ostküste – New York blieb fortan seine Heimatbasis. Hier lernte er Robert Capa kennen, Edward Steichen und Roy Stryker verschafften ihm seine ersten Aufträge. Ende der 1940er Jahre bereiste er Frankreich und Italien, die frühesten Fotografien der Ausstellung stammen aus dieser Zeit. 1951 wurde Erwitt in die US Army eingezogen. Statt der befürchteten Versetzung nach Korea erhielt er einen Posten als Dunkelkammerassistent bei einer in Deutschland und Frankreich stationierten Nachrichteneinheit.

Nach Erwitts Entlassung aus dem Militärdienst rekrutierte Robert Capa den jungen Fotografen für die Agentur Magnum, der er bis heute angehört und der er in den 1960ern für drei Jahre als Präsident vorstand. Erwitt arbeitete für die großen Namen des goldenen Zeitalters der Magazine, darunter Look, Life, Collier’s oder Holiday. Journalistische Aufträge wechselten mit kommerzieller Fotografie, daneben blieb immer Zeit für Erwitts freie Arbeiten – seine "Schnappschüsse", wie er sie nennt. In den 1970er Jahren wandte sich Erwitt verstärkt dem Film zu. Es entstanden verschiedene Dokumentationen und in den 1980ern eine Reihe von Komödien für den amerikanischen Sender HBO. Erwitts Fotografien sind weltweit in renommierten Sammlungen vertreten, Einzelausstellungen wurden in Institutionen wie dem MoMA in New York, dem Smithsonian, dem Art Institute of Chicago, dem Museé d’Art Moderne de la Ville de Paris oder dem Kunsthaus Zürich gezeigt.


Elliott Erwitt. Paris
23. September 2015 bis 2. Januar 2016