"Elf neue Perspektiven auf 1945" startet virtuell
Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg und die NS-Herrschaft. Das Haus der Geschichte Österreichs (HDGÖ) greift die Hoffnungen und Widersprüche, die das Jahr 1945 prägten, in einem Online-Schwerpunkt auf.
Eine neue virtuelle Ausstellung lädt dazu ein, auf die Ereignisse des Frühjahrs 1945 zurückzuschauen: Das HDGÖ präsentiert gemeinsam mit den neun Landesmuseen in Österreich und dem Landesmuseum Südtirol unter » 1945.hdgoe.at elf einzigartige Objekte. Sie geben Einblick in die letzten Tage des NS-Terrors, in die Geburtsstunde der Zweiten Republik, den Beginn der alliierten Verwaltung in Österreich und den langen Nachklang dieser ambivalenten Zeit.
"Wir stellen elf Objekte in das Rampenlicht, die Ereignisse in jedem Bundesland 1945 zugänglich machen. Daraus ist eine erste länderübergreifende Webausstellung geworden, die einen neuen Blick auf unsere Geschichte bietet", sagt Monika Sommer, Direktorin des HDGÖ.
Besondere Objekte, Wissen und Wissenswertes zu 1945
Um Geschichte allen zugänglich zu machen, setzt das HDGÖ seit seiner Eröffnung starke Online-Schwerpunkte neben dem breiten Programm im Museum. Unter dem Schwerpunktthema 1945 sind auf der Webseite » www.hdgoe.at Videos, Artikel und Lexikon-Einträge zu den Ereignissen dieses widersprüchlichen Jahres gebündelt. "Erich Kästner charakterisierte das Jahr 1945 treffend als 'die Lücke zwischen dem Nicht-Mehr und dem Noch-Nicht'. Wir wollen unseren Online-BesucherInnen anhand von Objekten, Fakten und Geschichten die Entwicklungen dieses Frühjahrs und dieses "Dazwischen" näherbringen. Auch als Mahnung für die Gegenwart lohnt es sich, 75 Jahre zurück zu blicken und die Anstrengungen nachzuvollziehen, die der Aufbau Europas kostete", sagt Monika Sommer.
In der Webausstellung "Elf neue Perspektiven auf 1945" vermitteln Objekte Eindrücke von der Zeit zwischen Frühling und Herbst 1945, in der NS-Terror, Kriegsende und Aufbau der Demokratie sich nicht nacheinander, sondern nebeneinander ereigneten: Während Wien schon befreit ist und sich Menschen durch rot-weiß-rote Armschleifen als AnhängerInnen eines neuen, demokratischen Österreich zu erkennen geben, werden in Oberösterreich noch jüdische ZwangsarbeiterInnen und politische Häftlinge ermordet.
Im Sommer organisiert die US-amerikanische Militärverwaltung in Salzburg die ersten Festspiele der Zweiten Republik, in Lienz löst das Vorgehen der britischen Armee bei der Übergabe kosakischer Wehrmachtssoldaten und ihrer Angehörigen an die sowjetische Armee Verzweiflungstaten aus. Die meisten Wehrmachtssoldaten kommen in Kriegsgefangenschaft, Kriegsverbrecher versuchen zu entkommen. Auf einer Kärntner Alm gelingt es ihnen nicht – vier Männer werden verhaftet und verhört, darunter Hauptverantwortliche des Holocaust.
In ganz Österreich werden NS-Relikte nicht nur zerstört, sondern auch wiederverwendet, übertüncht oder aufbewahrt. Die Entwicklung einer neuen, demokratischen Gesellschaft wird noch lange von den Nachwirkungen des Nationalsozialismus geprägt, gleichzeitig markiert die Befreiung einen Neuanfang. Das symbolisiert ein 1938 erschienenes NS-Gesetzbuch: 1945 wird es in Bregenz von einem Granatensplitter mit einer solchen Wucht getroffen, dass es unbenutzbar wird. Es bleibt trotzdem weiterhin in der Arbeitsbibliothek einer Versicherung stehen.
"Neben dem Kriegsende feiern wir mit dem 75. Geburtstag der Republik auch den Beginn einer österreichischen Erfolgsgeschichte. Seit 1945 hat Österreich eine stabile Demokratie geschaffen. Ihren Wert, gerade in turbulenten Zeiten wie diesen, wollen wir in unserem Themenschwerpunkt auch in Erinnerung rufen", schließt Direktorin Monika Sommer.
