Einknicken oder Kante zeigen? Die Kunst der Faltung

Wer einen Liebesbrief verschickt, faltet das Papier, so oft, bis es in den Umschlag passt. Und der Empfänger nähert sich den Küssen zwischen den Seiten, indem er Kante um Kante wieder aufklappt. Für das Zusammenfalten von Hemd und Hose hat jeder seine eigene Technik, und wenn man es gut genug macht, kommt die Kleidung auch ganz glatt wieder aus dem Koffer.

Bei Hemd und Hose werden Falten nämlich nicht gerne gesehen, wenn sie anderswo sitzen als gedacht – so wie bei Plisseeröcken, die seit den 1950er Jahren für artig dekorative Weiblichkeit stehen, oder der scharfen Bügelfalte, die nach wie vor Akkuratesse beweist. Aus einer Zeitungsseite kann sich jedes Kind einen Hut falten, und in wenigen Schritten wird aus einem simplen Stück Papier ein Flugzeug.

Gefaltet wird überall auf der Welt und in nahezu allen Lebenslagen. Und doch ist es ein recht verborgenes Thema – denn kaum jemand ist sich bewusst, wie oft man selbst mit Knicken und Falten, mit der Technik und ihren Ergebnissen zu tun hat.

In der ungegenständlichen Kunst war die Faltung von Beginn an ein wichtiges Thema – und zugleich auch eine zentrale Methode: Die Aufgabe der Zentralperspektive im Kubismus und später im Konstruktivismus führten sowohl in der Malerei als auch in der Plastik zu zerlegten, mitKanten und Brüchen versehenen Objekten. Gefaltet wird bis heute in der Kunst nicht nur mit Papier oder Textilien, sondern auch mit Metall, Plastik und Keramik – bis hin zur Leinwand. In der Fotografie und im Film spielt der reproduzierte Knick als illusionistische Täuschung eine große Rolle.

In der Ausstellung "Einknicken oder Kante zeigen? Die Kunst der Faltung" stehen vor allem zeitgenössische Positionen im Zentrum, die Faltungen verschiedenster Art zum Thema des Werks machen und damit Grundfragen der konkret-konstruktiven Kunst berühren. Bislang gab es noch keine Museumsschau, die so umfänglich die jüngsten Entwicklungen zu diesem Thema darstellte.

Über 40 internationale Künstler sind mit Malerei, Skulptur, Video und Fotografie im Museum für Konkrete Kunst vertreten – und zeigen überraschende, sinnliche, technische oder auch komische Aspekte der Faltung. Eigens für die Ausstellung wird Katja Strunz eine große Wandinstallation entwerfen, und Terry Haggerty realisiert ein neues Wandgemälde von mehr als zwanzig Metern Länge.

Mit Werken von Kirsten Arndt, Miriam Böhm, Thomas Chapman, Mariana Castillo Deball, Stefan Eberstadt, Christiane Feser, Eberhard Fiebig, Tibor Gayór, Hermann Glöckner, Tamara Grcic, Terry Haggerty, Erich Hauser, Samuel Henne, Ewerdt Hilgemann, Hösl & Mihaljevic, Schirin Kretschmann, Peter K. Koch, Camill Leberer, Alf Lechner, Alexandra Leykauf, Dora Maurer, Olaf Metzel, Ingo Mittelstädt, Alison Moffett, Ben Muthofer, Johanna von Monkiewitsch, Sara Pfrommer, Hanns Schimansky, Simon Schubert, Rainer Splitt, Brigitte Stahl, Natalia Stachon, Katja Strunz, Friedrich Teepe, Timm Ulrichs, Peter Weber, Albert Weis, Denise Winter, Haegue Yang und Annett Zinsmeister.


Einknicken oder Kante zeigen? Die Kunst der Faltung
9. November 2014 bis 22. Februar 2015