Ein Rucksack voller Farben

Künstlerinnen hatten in der Zeit um 1900 mit unzähligen Hindernissen zu kämpfen: Ihnen wurde die akademische Ausbildung verweigert, ihr gesellschaftliches Ansehen war schlecht, die Ausstellungs- und Verdienstmöglichkeiten bescheiden. Kostenintensiver Privatunterricht bot die einzige Möglichkeit, eine künstlerische Ausbildung zu erhalten. Neben den von Künstlern im Umfeld der Akademien betriebenen Malschulen erfreuten sich vor allem die Angebote, die in diversen Künstlerkolonien zum Studium gemacht wurden, großer Beliebtheit.

Sowohl die moderne impressionistische Auffassung der Landschaftsmalerei, als auch der ungezwungene Umgang der Künstler untereinander ermöglichte den Frauen einen wichtigen Zugang zu den aktuellen Kunstströmungen und bot ihnen ein seltenes Gefühl der Befreiung von den gesellschaftlichen Zwängen der Zeit. Diese Ungezwungenheit und Anerkennung unter Kollegen lässt sich in den plein air gemalten Bildern auch heute noch erspüren. Impressionistische Leichtigkeit gepaart mit reduzierter Formensprache weist die Kunst dieser Frauen als typisch für die Zeit nach 1900 und gleichwertig den Arbeiten ihrer männlichen Kollegen aus.

Aus der Vielzahl der Künstlerkolonien, die es zum Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland gab, greift die Ausstellung vier heraus, deren weibliche Mitglieder mehrheitlich hoch professionell arbeiteten. Die Kolonien in Ahrenshoop, Hiddensee und Worpswede im Norden sowie Dachau im Süden habe jeweils lange Künstlertraditionen. Von den vielen Frauen, die dort für kürzere oder längere Zeit arbeiteten, das Leben und die Entwicklung der Gemeinschaft mitprägten, blieben nur sehr wenige im Gedächtnis, wie Paula Modersohn-Becker oder Clara Rilke-Westhoff in Worpswede. Viele andere Künstlerinnen gerieten spätestens ab den 1930er Jahren in Vergessenheit, obwohl sie spätestens seit 1918 erfolgreich in die Secessionsbewegungen integriert, an deren Ausstellungen beteiligt und auf dem Kunstmarkt gut vertreten waren.

Vor allem jüdische Künstlerinnen, wie Käthe Loewenthal oder Julie Wolfthorn, waren wegen ihrer Herkunft und ihrer modernen Malweise einem zweifachen Verdikt ausgesetzt. Beide starben in Konzentrationslagern, ihr Werk war lange Zeit nur in Privatsammlungen präsent. Erst seit einigen Jahren gibt es eine verstärkte Auseinandersetzung mit den Frauen in der Kunst ab 1900. Die Ausstellung im Museum Moderner Kunst präsentiert mehr als 35 Malerinnen mit ca. 90 Werken aus öffentlichem und privatem Besitz, darunter etliche Arbeiten, die seit Jahrzehnten nicht mehr in der Öffentlichkeit zu sehen waren.


Ein Rucksack voller Farben
Künstlerinnen und die Freiluftmalerei
28. Juni bis 21. September 2014