Der Feldkircher Fotograf Nikolaus Walter, der vor allem mit schwarz-weissen Langzeitstudien überregional bekannt geworden ist, hat nicht nur über Jahrzehnte hinweg Fotografien von Platanen, Schlafzimmern, Betten, Straßenkünstlern oder bestimmten Orten zusammengetragen, sondern im Zuge seiner Reisen quer durch Europa auch immer wieder Beichtstühle fotografiert. Eine breite Auswahl davon ist noch bis 26. April im Bildungshaus Batschuns zu sehen. Das Spektrum zieht sich vom rustikalen portugiesischen Beichtstuhl, dessen Bauweise an die Schiffsbautechnik erinnert, bis zum schlichten, schnörkelfreien Beichtstuhl nördlicher Gefilde. Überraschend für Walter-Kenner dabei: bei den Abbildungen handelt es sich durchgängig um Farbfotografien.
Einst zentral im religiösen Leben verankert, stehen Beichtstühle heute für eine aussterbende Tradition. Der frühere Dorfpriester, der den gläubigen Katholiken unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit die Beichte abnahm, war zweifelsohne die am besten informierte Person einer Gemeinde. Ihm als Geheimnisträger kam ihm dieses „Insiderwissen“ wohl bei so manchem Ablaßhandel und anderen Geschäften zu Gute.
Nikolaus Walter hat sich in seiner fotografischen Arbeit nicht nur mit „menschlichen Begegnungen“ beschäftigt, sondern immer wieder auch mit „banaler Architektur“. Man denke nur etwa an die von ihm in den 1980er Jahren in Nicaragua dokumentierten Hütten, die Arme aus Abfallmaterialien errichtet haben. Auf manchen solcher Serien sind ausschließlich Objekte, aber keine Menschen zu sehen. Sie stehen da, als seien sie aus der Zeit gefallen, wobei nebeneinandergestellt die Differenz mehr wiegt als das, was ihnen gemeinsam ist. Das gilt auch für die von ihm dokumentierten Beichtstühle. Stellt man sich vor, was sich in diesem Möbelstück über die Jahrhunderte abgespielt, so wirken diese Dinger auch heute noch beklemmend.
Im Rahmen eines Essays hält der Kulturhistoriker Bernhard Kathan zu diesem obsolet gewordenen kirchlichen Gegenstand fest: „So verschieden Beichstühle auf den ersten Blick auch sein mögen, immer ist klar, wer sitzt und wer kniet, wer bekennt und wer freispricht.“ Oder: „Mittlerweile erweist sich der Beichtstuhl zunehmend als Auslaufmodell. (…) Oft dienen Beichtstühle nur noch dazu, Staubsauger, Besen, Kübel, Heiligenfiguren oder andere Gegenstände zu verwahren.“
Der Kunst- und Dokumentationsfotograf Nikolaus Walter kam 1945 in Rankweil zur Welt und lebt und arbeitet heute in Feldkirch. Er absolvierte eine Fotografieausbildung an der
Graphischen Lehr und Versuchsanstalt in Wien und kann auf zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland sowie Publikationen verweisen. Zu den Buchveröffentlichungen zählen beispielsweise „Steiles Erbe. Das Große Walsertal (2003), Nikolaus Walter: Fotografien 1967 – 2004 (Monografie im Hatje Cantz Verlag, 2006) oder „Gegen die Betten gerichtet. Fotografien aus den Jahren 1968 bis 2023“ (Fotohof Edition, 2023).
Nikolaus Walter: „Beichtstühle“
Bildungshaus Batschuns, Batschuns
Bis 26.4.
Mo-Fr 8-12 u. 14-16.30, Sa, So 8-12