Vor 80 Jahren endete die nationalsozialistische Herrschaft, und mit der Gründung der Zweiten Republik begann ein demokratischer Neubeginn. Seither hat sich Österreich schrittweise mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt, doch an vielen Orten fehlt bis heute ein sichtbares erinnerungspolitisches Zeichen. In Kooperation mit der Kunstuniversität Linz hat das Haus der Geschichte Österreich (HDGÖ) Künstler:innen eingeladen, die Leerstelle am Altan der Neuen Hofburg aufzugreifen. Mit Entwürfen für ein Denkmal, das sich die Republik zum 80. Jahrestag ihrer Gründung selbst schenken könnte, eröffnen drei künstlerische Positionen neue Perspektiven auf die Erinnerungskultur im öffentlichen Raum.
Der Altan, von dem aus Adolf Hitler am 15. März 1938 die international stark beachtete „Anschlussrede“ hielt, bleibt bis heute ein unzugänglicher, symbolisch stark aufgeladener Ort. Das Haus der Geschichte Österreich (hdgö) und die Kunstuniversität Linz bieten der aktuellen Diskussion über den sogenannten „Hitler-Balkon“ neue Inhalte. Am 22. April präsentierten Ramesch Daha, Fabian Antosch, Philipp Oberthaler, Gabriele Edlbauer und Franz Wassermann im Museumsfoyer des hdgö ihre Entwürfe für fiktive Denkmäler, die sich mit dieser Baustelle der Erinnerung auseinandersetzen. Ganz bewusst waren die drei Arbeiten nicht durch Budget, Statik oder Denkmalschutz eingeschränkt. Die Modelle sind als Denkanstöße gedacht – sie sollen zur Auseinandersetzung bewegen und im Gedenkjahr 2025 neue Impulse für den Umgang mit diesem Ort anregen.
Die Entwürfe unterscheiden sich grundlegend in Material und künstlerischem Ansatz. Mit dem 3D-Druck „Mahnwache” zeigt Franz Wassermann einen massiven, unbearbeiteten Granitblock aus dem Steinbruch des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen. Dieser soll den Ort als schweigsamer Wächter besetzen. Ramesch Daha, Fabian Antosch und Philipp Oberthaler schlagen mit „Altan, Verdacht” eine räumliche Intervention vor. Eine gläserne Decke versperrt die Möglichkeit, den Ort als Bühne der Macht und Selbstverherrlichung zu nutzen. Gabriele Edlbauer kehrt mit „Good Riddance” schließlich die Verhältnisse um. Sie vertauscht den Altan außen mit der Ausstellungsfläche des Hauses der Geschichte Österreich (hdgö) innen, auf der bereits Gedenken und Reflexion stattfinden.
Das Haus der Geschichte Österreich ist das erste zeitgeschichtliche Museum des Bundes. Es ist am geschichtsträchtigen Heldenplatz in der Neuen Burg angesiedelt und bietet in seinen Ausstellungen Einblicke in die wichtigsten politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts bis ins Heute. Außergewöhnliche Objekte, teils noch nie gezeigte Dokumente und interaktive Medienstationen machen Zeitgeschichte für Groß und Klein erlebbar – in historischen Räumen mit zeitgemäßer Architektur und Gestaltung. In Themenführungen, Workshops und Veranstaltungen werden viele spannende Fragen und Themen der österreichischen Zeitgeschichte mit Blick auf Gegenwart und Zukunft diskutiert. Für alle, die unterwegs oder zu Hause neugierig auf Geschichte sind: Eigene Web-Ausstellungen, aktuelle Schwerpunktthemen und interaktive Bildersammlungen bieten unter www.hdgoe.at immer wieder Neues aus der Vergangenheit.
Denkmal 1945/2025: Künstlerische Entwürfe für die Zweite Republik
Bis 23. November 2025