Edward Steichen. In High Fashion

Greta Garbo, Marlene Dietrich, Winston Churchill, Katherine Hepburn, Charlie Chaplin, Joan Crawford, Gloria Swanson, Cecil B. De Mille, George Gershwin, Fred Astaire, Gary Cooper, Maurice Chevalier – sie alle und viele mehr hat Edward Steichen (1879-1973), einer der bedeutendsten Fotopioniere des 20. Jahrhunderts, für Vogue und Vanity Fair vor seiner Kamera in Szene gesetzt.

Das Fotomuseum WestLicht widmet sich mit der Ausstellung Edward Steichen. In High Fashion den Jahren von 1923 bis 1937, in denen Steichen als Cheffotograf des Condé Nast Verlags die Mode- und Magazinfotografie revolutionierte. Rund 200 seltene Vintage-Prints aus dem Condé Nast Archiv führen das eindrucksvoll vor Augen.

Bereits zu Beginn seiner Laufbahn war Steichen einer der wichtigsten Proponenten des Piktorialismus, jener vom Impressionismus beeinflussten Strömung, die mit Edeldruckverfahren die Fotografie als vollwertiges künstlerisches Ausdrucksmedium der Malerei an die Seite zu stellen suchte. In den Jahren des Ersten Weltkriegs etablierte er sich als Vorreiter einer sachlichen Fotografie. 1923 trat er dann als Cheffotograf von Vogue und Vanity Fair eine Stelle an, die zu den renommiertesten im Bereich der kommerziellen Fotografie zählte. In den kommenden 15 Jahren setzte er gänzlich neue Maßstäbe in diesem Metier.

Für die Condé Nast Magazine fotografierte Steichen die bekanntesten Persönlichkeiten aus Film, Theater, Musik, Literatur, Journalismus, Tanz, Sport und Politik, vor allem aber auch die Kreationen der Haute Couture, und schuf so ein einzigartiges Oeuvre. Selbstbewusst setze er durch, dass seine Arbeiten nur unter Nennung seines Namens, als Autorenfotografie, publiziert werden durften. Die Zeit der 1920er- und 1930er-Jahre gilt heute als Steichens wichtigste Schaffensphase, die viele der bekanntesten Fotografien des 20. Jahrhunderts hervorbrachte.

Steichen verzichtete dabei, anders als etwa Man Ray und Erwin Blumenfeld, auf avantgardistische Stilelemente und ließ die künstlerischen Einflüsse seines Frühwerks wie Impressionismus, Jugendstil und Symbolismus hinter sich. Er entwickelte eine ganz neuartige professionelle Bildsprache, die sich weltmännisch, elegant und mit oft unterkühlter Erotik ganz im Geist des Art déco präsentierte. Wie auf einem Filmset arbeitete er dabei mit einem großen Team von Mitarbeitern, das für Bühnenaufbau und Ausleuchtung, Styling und Makeup verantwortlich war.

Steichen komponierte bildnishaft, dekorativ verfremdend, schnappschussartig oder nüchtern realistisch. Das am Modell wie an einer Modepuppe drapierte Kleid hatte bei ihm ausgedient. Er arrangierte Situationen, inszenierte Settings, in denen die Persönlichkeit des Modells in den Mittelpunkt rückte, die Mode nur noch als Attribut zur Wirkung kam. Fashionaufnahmen wurden so zu Porträtfotografie. Indem er die bis dato anonymen Mannequins als wiedererkennbare Persönlichkeiten ins Bild rückte, ebnete er auch jenen Supermodels den Weg, die dann spätestens ab den 1990er-Jahren ins große Rampenlicht der Modewelt traten.

Edward Steichen wurde 1879 als Edouard Jean Steichen in Luxemburg geboren. Im Alter von zwei Jahren wanderte seine Familie in die USA aus. Von 1894 bis 1898 studierte er Kunst in Milwaukee, von 1906 bis 1914 ging er zum Studium der Malerei nach Paris. Als Fotograf war Steichen Autodidakt. 1905 gründete er gemeinsam mit Alfred Stieglitz, der ihn schon früh als Fotograf förderte, in New York die "Little Galleries of the Photo-Secession", auch "291" genannt. Hier wurden neben Fotografien auch Werke von Pablo Picasso, Henri Matisse oder Paul Cézanne ausgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Edward Steichen Direktor der fotografischen Abteilung des New Yorker Museum of Modern Art und kuratierte die berühmt gewordene Fotoausstellung "The Family of Man" (1955). Im März 1973 starb Edward Steichen wenige Tage vor seinem 94. Geburtstag.


Edward Steichen. In High Fashion
18. Februar bis 24. Mai 2015