Durch die Blume

Das Museum Bellerive möchte mit dieser Ausstellung sein Publikum "Durch die Blume" ansprechen und vertraut dabei auf die Strahlkraft des Floralen als gestalterischem Motiv der Glaskunst, Möbelgestaltung und Keramik, des Textil- sowie Grafikdesigns. Der unerschöpfliche Formenreichtum von Blumen und Blüten auf den rund 300 vielgestaltigen und vornehmlich aus den vier Sammlungen des Museum für Gestaltung Zürich stammenden Objekten, entführt den Betrachter in verschiedene Kulturen und Epochen.

Die in Kapitel gegliederten Exponate eröffnen ebenso unterschiedliche Gestaltungs- und Mentalitätswelten wie zeitbedingte Vorlieben für einzelne Blumentypen: Der Mensch im Jugendstil etwa schwärmte für Liliengewächse und Disteln, ein Kind der Siebzigerjahre hingegen für die plakative Margerite; und heute sind farbenfrohe, dicht geschichtete Blumenmeere quer durch die florale Vielfalt in Mode. So lässt sich etwa bei William Morris – dem Wegbereiter des Jugendstils – dessen Hang zu feingliedrigen Gewächsen in Tapeten und Stoffen nachvollziehen. Die ätherischen Vasen der französischen Glasmanufaktur Daum Frères oder des studierten Botanikers Emile Gallé hingegen zelebrieren in minutiöser Relieftechnik die Schönheit von sich rankenden, langstieligen Blüten als perfekte Verschmelzung von naturgetreuer Wiedergabe und künstlerischer Inszenierung.

Spezifischer Gattungspräferenzen ungeachtet, spannt der Bereich der Bekleidung sein geblümtes Spektrum von bestickten Ledermokassins aus dem 19. Jahrhundert über floral verzierte Bally-Pumps der Sixites bis zum angesagten Baseballcap. Wie ein Blick in die Geschichte zeigt, beschränkt sich das Phänomen des Blumenmusters nicht auf die Frau: Die Flora steht auch dem gepflegten Mann gut zu Gesicht! Schon der historische Gehrock ist über und über mit Blumen bestickt, während die Kreationen des englischen Designers Paul Smith ihre Träger komplett in Blumenprints hüllen.

Selbstverständlich erweist sich auch die bürgerliche Tischkultur als Tummelfeld der Blumenmotivik: Bei Speis und Trank treffen flächendeckende Bouquets auf hauchzartem Eierschalenporzellan der niederländischen Manufaktur Rozenburg auf die vereinzelten Streublumen der berühmten Meissener Konkurrenz. Die Trembleuse – zu Deutsch Zittertasse – etwa lässt erahnen, wie sich mit Meissener Porzellan nicht nur der übermässige Kaffeedurst löschen liess, sondern auch der Durst nach stets neuem Blumenschmuck.

In seiner Anwendung beschränkt sich das Blumenmotiv jedoch keinesfalls auf rein dekorative Qualitäten. Die rund 15 in der Ausstellung vertretenen Plakatgestalter verwenden allesamt florale Bildelemente um die Passanten für äusserst unterschiedliche Produkte zu begeistern. Humoristisch nutzt Andy Warhol etwa das Foto eines mit Blumen bemalten Schweins, um die Bildqualität eines Farbscanners unter Beweis zu stellen. Der Schweizer Grafiker Niklaus Stoecklin hingegen lenkt mit seinen Werbeplakaten der 1930er-Jahre den Blick auf das Abgründige im Gewöhnlichen und verleiht etwa einem akkuraten Herrenanzug durch ein hängendes Schneeglöckchen unweigerlich den Hauch der Vorkriegsdepression – ein eindrückliches Dokument des damaligen Zeitgeists.

Sieben künstlerische Positionen – darunter Werke von Quynh Dong, Reto Leibundgut und Shirana Shahbazi – erweitern die vielblütige Schau durch eigenwillige Komponenten. Ursula Palla, deren erstmals zu sehende Videoarbeit "Black Flowers" die nach Blumen benannten politischen Revolutionen thematisiert, schliesst den reichen Blumenreigen in unserer aktuellsten Gegenwart.


Durch die Blume
21. November 2014 bis 29. März 2015