Drei Highlights bei der Salzburger Mozartwoche

Alle Wege führen zu Mozart, das hat Festivalleiter Rolando Villazón für 2025 ausgerufen. In Nikolaus Habjans Inszenierung von Monteverdis Orfeo gibt der Intendant die Hauptrolle. Händels Alexander-Fest wird als Rarität in der Bearbeitung von Mozart aufgeführt. Und im Großen Festspielhaus ist Star-Pianist Igor Levit mit den Wiener Philharmonikern in einem hervorragenden Orchesterkonzert zu erleben.

Destination Mozart. Monteverdis Orfeo gilt mit der Verbindung von Gesang, Instrumentalmusik und Tanz unbestritten als eines der beeindruckendsten Meisterwerke der Musikgeschichte und stellte vor 400 Jahren eine wesentliche Zäsur in der Entwicklung von Oper dar. Mozart sei ohne „Ausgangspunkt" Monteverdi nicht zu denken, meint Villazón und bringt die Dresdener Inszenierung von Puppenspieler und Kunstpfeifer Nikolaus Habjan an der Semperoper in adaptierter Fassung nach Salzburg. Dass Habjans kreierte lebensgroßen Puppen die Seelenzustände der Hauptfiguren darstellen, ist Programm und funktioniert bei dieser Oper wieder sehr eindringlich: "Die Griechen glaubten, dass sich der Schatten nach dem Tod vom Körper trennt und in die Unterwelt geht“, sagt der Regisseur, wenn Euridice stirbt, fällt sie leblos zusammen, ist nur noch Hülle, doch Puppen könnten so auch eindrücklich reanimiert werden..

In dieser Oper geht es um Liebe, Verlust und die Macht der Musik. Im wunderbaren Prolog besingt La Musica (Céline Scheen) in großer goldroter Robe wie Orfeo mit seinem Gesang selbst wilde Tiere bezwang und nach langem Sehnen auch Euridice zur Hochzeit bewegen konnte, der Vorhang öffnet sich. Akteure sind archaische weiße Stabpuppen, die Alter Egos von Orfeo und Eurydike, geführt von Schwarzgekleideten, verbunden mit den die Seele und Stimme gebenden Singenden – Rolando Villazón überzeugend und berührend in der Rolle des Orfeo, Tamara Ivaniš singt die Euridice. Auf der bühnenfüllenden Treppenanlage steht zentriert ein Olivenbaum. Jakob Brossmann arbeitete hoch diffizil: Wie vom Diesseits ins Jenseits kommen, vom Hades in den Olymp aufsteigen? Über die Drehung eines Teils der Treppe tut sich der Schlund auf, aus dem die Geister der Unterwelt hervortreten. Eine große runde Scheibe als Hintergrund ist mal Mond, dann erscheint hier plötzlich der überdimensionale Fährmann mit dampfend leuchtenden Augen über den Styx, um sich im Schlussbild in die goldene Sonne des Olymps zu wandeln. Ein Gesamtwerk voller Phantasie, Poesie, Magie und Philosophie. Dirigentin Christina Pluhar, eine der innovativsten Musikerinnen der Alte Musik-Szene, trägt mit ihrem hervorragenden Ensemble L'Arpeggiata, das ihre dazu bei.

Das Alexander-Fest hat wiederum einen direkten Bezug zu Wolfgang Amadeus Mozart. Seine Bearbeitungen von Georg-Friedrich-Händel-Oratorien werden nicht oft im Konzert gespielt oder aufgenommen, doch in Salzburg wird ebendiese von der Camerata Salzburg unter Ivor Bolton, einem der angesehensten Dirigenten im Bereich des barocken und klassischen Repertoires, zelebriert. 

Es war Baron van Swieten, der Mozart beauftragte, einige von Händels Oratorien nach fünfzig Jahren neu zu instrumentieren, und die Werke quasi in die Klangwelt der Wiener Klassik zu überführen. Mozart hat also „Das Alexander-Fest“ (KV 591) nach der deutschen Übersetzung von Karl Wilhelm Ramler, übertitelt mit „Alexanders Fest, oder die Gewalt der Musick, eine Kantate“, bearbeitet, Händels Partitur mit Stimmen für Flöten, Klarinetten und Hörner sowie mit Verzierungen versehen, jedoch kein Material entfernt oder hinzugefügt. Die Handlung kreist um den Musiker Timotheus, der mit Gesang und Spiel auf der Lyra die Empfindungen und das Verhalten Alexanders des Großen und seiner Gäste bestimmte, während sie ihren Sieg über die Perser feierten.

Glasklar und präzise herausgearbeitet musizieren die Camerata Salzburg und ungemein sprachverständlich der Bachchor Salzburg in großartiger Fülle, unter der leidenschaftlichen Führung von Ivor Bolton, die zweiteiligen Kantate. Auch die Solisten sind hervorragend: mit kräftiger Tenorstimme erzählt Siyabonga Maqungo die Geschichte; Arien, unendlich schön und anteilnehmend dargeboten von Sopranistin Louise Alder; und der Bass Morgan Pearse ehrt schwungvoll-adäquat Bacchus. Was für eine Musik!

Beim Orchesterkonzert der Wiener Philharmoniker stand das Klavierkonzert B-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart im Mittelpunkt, und damit der Starpianist Igor Levit. Welche Worte finden, für diese hohe Kunst, die Emotion, sein exzellentes Spiel. Adám Fischer, einer der wichtigsten Dirigenten unserer Zeit, breitete feinsinnig und hochdifferenziert den Klangteppich dazu aus. Für den frenetischen Applaus bedankte sich Igor Levit mit einer Zugabe aus den „Kinderszenen“ von Robert Schumann, so atemberaubend und empfindlich. Als Rahmen fungierte die dunkel gestimmte Sinfonie f-Moll „La Passione“ von Joseph Haydn, und zum Abschluss Mozarts Symphonie Nr. 38 in D-Dur mit dem Beinamen „Prager“, ein Verweis auf Uraufführungsort 1787. Kammermusik vom Feinsten!

L´Orfeo Claudio Monteverdi
Favola in musica in einem Prolog und fünf Akten
Inszenierung: Nikolaus Habjan
Ensemble L´Arpeggiata unter der Leitung von Christina Pluhar

Das Alexander-Fest Georg Friedrich Händel
In der Bearbeitung von W.A. Mozart
Camerata Salzburg, Bachchor Salzburg
Ivor Bolton, Dirigent
Aufzeichnung des Konzerts in Ö1 am 11. Februar 2025 um 19:30 Uhr

Wiener Philharmoniker I
Adam Fischer, Dirigent
Igor Levit, Klavier
Werke von Haydn und Mozart