Dots and Dashes

Die Österreichische Künstlerin Brigitte Kowanz (*1957, Wien) thematisiert seit Beginn ihrer Karriere die unterschiedlichen Erscheinungsformen und Wahrnehmungsweisen von Licht. Dabei gestaltet sie in ihren Werken und Installationen mithilfe von Kunstlicht wie Neon oder LED sowie mit Spiegeln und reflektierenden Metallen wissenschaftliche Gegebenheiten als sinnliche Erlebniswerte. Häusler Contemporary Zürich präsentiert nun neuere und ganz neue Arbeiten von Brigitte Kowanz, die alle auf ihrer Auseinandersetzung mit dem Morsealphabet beruhen.

Brigitte Kowanz gehört mit ihren genuinen Lichtarbeiten zu Österreichs international bedeutenden Kunstschaffenden. Ein wesentlicher Aspekt ihrer Werke ist dabei, dass das Licht als eigenständiges Phänomen sichtbar gemacht wird, fern von der rein praktischen Funktion der "Beleuchtung", den es in unserem Alltag erfüllt. Ähnlich wird auch die Sprache von uns meist nur als Mittel zum Zweck wahrgenommen, und auch sie wird bei Kowanz in ihrem formal-ästhetischen Charakter betont. Licht und Sprache dienen der Künstlerin als Medium, Motiv und Metapher, um die komplexen Verstrickungen von Sehen und Verstehen, Wahrnehmen und Erkennen zu visualisieren.

Die Ausstellung in Zürich konzentriert sich vorrangig auf Werke, denen das Morsealphabet zu Grunde liegt oder die mit diesem in Verbindung stehen. Fasziniert davon, dass mit nur drei Elementen – kurze und lange Signale sowie Pausen – jede inhaltliche Komplexität vermittelt werden kann, hat die Künstlerin schon ab Mitte der 1990er-Jahre begonnen, dieses sprachliche Codesystem in ihren Werken zu visualisieren. Allerdings übersetzt sie es nicht wie üblich in eine zeitliche Abfolge von Lichtimpulsen, sondern in ein "statisches" Bild aus Licht, Schatten und Reflexion. So entstehen Effekte von optischer Tiefe und scheinbarer Dynamik oder auch ornamentale Anklänge, womit die Stringenz des Morsesystems ästhetisch reizvoll umformuliert und die Verschlüsselung der Botschaft pointiert wird.

Der neue Werktypus der Wandkuben liefert ein erstes Beispiel für den Umgang mit diesen gestalterischen Mitteln: In der Arbeit "Code" (2014) etwa ist in einem Würfel eine kreisrunde Neonröhre angebracht, die mit leuchtenden und abgedunkelten Partien das Wort "Code" in der Morsesprache signalisiert. Die verspiegelten Wände des Kubus bilden einen virtuellen Raum, in dem sich dieser "Code" vielfach wiederholt, überlagert und auflöst. Mit der so eröffneten, unendlichen Tiefe wird auch die Distanz zwischen Kunstwerk und Betrachter aufgehoben, der Betrachter wird durch die Reflektion selbst Teil des Werks. Dasselbe Prinzip hat Kowanz zu mannigfachen formalen Lösungen geführt, was etwa mit dem Typus des Bodenkubus oder der leuchtenden "Kristalle" veranschaulicht wird.

Eine weitere Werkserie wird mit den "Discs" von 2012 und 2013 präsentiert. Sie bestehen ebenfalls aus kreisförmigen Neonröhren, die durch Abdunkelung in unterschiedlichen Abständen Wörter im Morsecode darstellen. Angebracht auf geschliffenen Edelstahlscheiben, die einen matten Spiegel für das Neonlicht bilden, wird die sachliche Botschaft zum virtuellen Relief, das wie eine Sonne seinen Umraum erhellt. Ein wandfüllendes, komplettes "Morsealphabet" von 2012 liefert den Schlüssel zum Lesen der gezeigten Werke – zumindest zum Entziffern der inhaltlichen Botschaften. Die geschwungenen Linien erinnern an Handschriftliches und verleihen der Wand eine eigene Rhythmisierung.

Neben diesen und anderen, erstmals in der Schweiz gezeigten Werken wird die Künstlerin auch ganz neue Arbeiten mit nach Zürich bringen, in denen sie ihre konzeptuelle Beschäftigung mit dem Morsealphabet weiter führt und die den Betrachter auf der intellektuellen Ebene ebenso berühren wie auf der sinnlichen. Deborah Keller

Brigitte Kowanz ist seit 1997 Professorin an der Universität für angewandte Kunst in Wien. 2009 wurde sie mit dem Grossen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst ausgezeichnet. Sie war bereits 1984 und erneut 1995 auf der Biennale in Venedig sowie 1987 auf jener in São Paulo vertreten. Weltweit bedeutende Institutionen wie das Zentrum für internationale Lichtkunst in Unna oder das Museum Moderner Kunst (MUMOK) in Wien haben der Künstlerin in den letzten Jahren umfangreiche Einzelausstellung gewidmet (2005 und 2010).


Brigitte Kowanz - Dots and Dashes
21. November 2014 bis 14. Februar 2015